NEK: Antwort des Bundes

Das Parlament erhält ethische Empfehlungen von einem Gremium, in dem Theologen, Technokraten und aus dem Ausland stammende Fachleute den Ton angeben. Von der Wahlbehörde, dem Bundesrat, wollten wir wissen, weshalb dem so ist. Unten die Antwort im Wortlaut.

Die Nationale Ethikkommission NEK nimmt zuhanden Parlament und Politik Stellung zu Fragen u.a. der Fortpflanzungs- und der Transplantationsmedizin, der genetischen Untersuchungen, des Klonens, der Fallpauschalen, der Sterbehilfe und der Patientenverfügung. Da fragt sich:

  • Weshalb bestellt der Bundesrat die NEK konservativ/konfessionell?
  • Weshalb beruft er so viele EU-Bürger ins Gremium?
  • Weshalb will der Bundesrat, dass in unserem säkularen Staat ausgerechnet Gottesmänner den Gesetzgeber beraten?

Die verschämt am Vorabend vor Weihnachten verschickte, knappe Meldung über die Teilerneuerungswahl in die NEK beantwortet diese Fragen nicht. Das zuständige Departement des Inneren EDI sagt auf Anfrage und nach einer Woche Bedenkzeit, die Wahlkriterien seien transparent u.a. in der Verordnung über die NEK festgelegt; es brauche international anerkannte und vernetzte Fachleute aus dem Ausland, weil «die Fragestellungen nicht an der Grenze haltmachen»; wenn die Meinungen innerhalb der NEK gespalten seien, würde immer auch die Minderheitsmeinung publiziert. Und das EDI schreibt: «Die Haltung der NEK-Mitglieder zu einzelnen Themen ist Auswahlkriterium.»

Genau das sagen Beobachter seit Beginn der Kommission im Jahr 2001: dass Fachleute bewusst wegen bestimmter Haltungen in die NEK gewählt werden. Doch weshalb dem Bundesrat ausgerechnet die konfessionell-konservative Haltung so wichtig ist, erklären weder EDI noch Landesregierung. So bleibt nur die Spekulation.

  • Folgt der Bundesrat immer noch dem Willen des geistigen Vaters der NEK? Der katholische Bundesrat Pascal Couchepin hat religiöse Hardliner in die Kommission gebracht. 
  • Ist dem Bundesrat vielleicht schlicht egal, wenn die NEK ideologische Empfehlungen macht? Weil das Parlament ohnehin nicht darauf hört und das beschliesst, was es selbst als richtig erachtet.
  • Hat der Bundesrat einfach unkritisch und ohne zu hinterfragen abgenickt, was ihm das Departement vorgeschlagen hat?

Eigentlich hat sich der Bundesrat ja vor kurzer Zeit für mehr Selbstbestimmung ausgesprochen und nicht für weniger. Für die Öffentlichkeit aufschlussreich wäre, weshalb die zuständigen Bundesangestellten solche Vorschläge machen, welche Geisteshaltung sie umtreibt, welche Agenda sie möglicherweise verfolgen.

Fakt ist, dass in der NEK nun drei Theologen sitzen und zusätzlich mehrere erzkatholische Fachleute unter anderem aus dem theologischen Umfeld der Uni Fribourg. Fakt ist, dass 40 Prozent der NEK-Mitglieder aus dem Ausland stammen, darunter sogar der NEK-Präsident, allein fünf Mitglieder aus Deutschland. Fakt ist, dass die technokratische Seite, die sich in der Vergangenheit selbstbestimmungs-kritisch gezeigt hat, übervertreten ist.

Recherche-Journalisten sprechen gar von einer «Unterwanderung» der NEK durch ideologisch konservative Kreise.

Man darf also gespannt sein, wie sich die NEK in Zukunft nicht nur zu Patientenselbstbestimmung und selbstbestimmtem Sterben positioniert.

Antwort im Wortlaut:

Um die Teilersatzwahlen in die NEK besser zu verstehen, haben wir der Wahlbehörde, dem Bundesrat, drei Fragen gestellt. Beantwortet hat sie das zuständige Departement des Inneren.

Frage 1. Weshalb sind für den Bundesrat Theologen und streng katholisch geprägte Fachleute (auffallend oft aus dem Umfeld der Universität Fribourg) so wichtig in der NEK, dass er mindestens fünf von ihnen gewählt hat (ein Drittel der ganzen Kommission)?

«Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) verfolgt die Entwicklung der Wissenschaft über die Gesundheit und Krankheit des Menschen und ihrer Anwendungsbereiche. Sie nimmt zu den damit verbundenen gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen und rechtlichen Fragen aus ethischer Sicht beratend Stellung. So hat sich die NEK in der Vergangenheit zu sehr unterschiedlichen Fragestellungen wie zur Fortpflanzungs- oder zur Transplantationsmedizin, zu den genetischen Untersuchungen beim Menschen, zur Sterilisation bei urteilsunfähigen Personen, zum reproduktiven Klonen, zur Forschung mit Kindern, zur Patientenverfügung, zur Einführung von diagnosebezogenen Fallpauschalen oder zum Human Enhancement geäussert. Zur Erfüllung ihres Auftrags benötigt die NEK daher national und international renommierte Fachleute mit den erforderlichen fachlichen Kompetenzen in Medizin, Recht, Soziologie, Ökonomie, Theologie und biomedizinischer Ethik. Die Haltung der Mitglieder zu einzelnen Themen ist Auswahlkriterium. Zudem schafft die NEK gegenüber der Öffentlichkeit die notwendige Transparenz: Bewerten die einzelnen NEK-Mitglieder einen Sachverhalt unterschiedlich, so wird dies in den Stellungnahmen als Mehrheits- und Minderheitsmeinung ausgewiesen. Diese Überlegungen haben den Bundesrat seit Bestehen der NEK im Jahr 2001 bei der Ernennung der einzelnen Mitglieder geleitet.»

Frage 2. Weshalb ist für den Bundesrat die ausländische Sicht in der NEK so wichtig, dass er mindestens 40 Prozent der Kommission mit Fachleuten besetzte, die (ursprünglich) aus dem Ausland stammen, allein fünf davon aus Deutschland, und auch das Präsidium mit einem Professor besetzt, der im Ausland tätig ist?

«Weil sich die Fragestellungen, denen die NEK sich widmet, nicht an der Schweizer Grenzen halt machen – sie werden auch in anderen Ländern diskutiert. Daher sind national und international anerkannte und vernetzte Fachleute für die Arbeit der NEK wichtig.»

Frage 3. Weshalb hat der Bundesrat in seinem Communiqué zur Ersatzwahl in die NEK keine Begründungen geliefert, weshalb er sich gerade für diese Persönlichkeiten entschieden hat, weshalb gerade sie für die NEK so wichtig sind?

«Die Kriterien, auf welchen sich die Auswahl von Kommissionsmitglieder stützt, sind transparent in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung sowie in der Verordnung über die nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin festgehalten.»

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