EXIT-Fachtagung in Zürich: Die Debatte über die Zukunft der Freitodbegleitung ist angestossen
EXIT hat fünf Forderungen formuliert, um proaktiv eine Weiterentwicklung der Suizidhilfe einzuleiten. Diese wurden Ende Oktober 2024 an einer Fachtagung erstmals vor Publikum präsentiert.
Die Veranstaltung mit dem Titel «Zukunft Freitodbegleitung Schweiz» richtete sich an ausgewählte Vertreter des Gesundheitswesens, der Politik, Behörden und Ärzteorganisationen. Ziel war, dass die Teilnehmenden sich über den aktuellen Stand in der Suizidhilfe austauschen und einen Blick auf eine mögliche Weiterentwicklung werfen konnten. EXIT wollte dadurch den Dialog zwischen den relevanten Akteuren fördern und sicherstellen, dass die Fortschritte in der Suizidhilfe umsichtig und im Sinne der Betroffenen erfolgen.
Was nun geschehen soll, wird in den kommenden Monaten im Vorstand und in der Geschäftsleitung besprochen. EXIT-Präsidentin Marion Schafroth legte zum Abschluss der Tagung dar, wie es aus ihrer Sicht weitergeht:
Forderung 1: Weiterhin keine Spezialgesetzgebung hinsichtlich des assistierten Suizids
EXIT und die meisten der Tagungs-Teilnehmenden waren sich einig: Es braucht keine Spezialgesetzgebung. EXIT werde alles unternehmen, um der Politik fundierte Grundlagen und Argumente zukommen lassen, sagte Marion Schafroth. «Wir werden argumentieren müssen. So läuft Demokratie.»
Gutachten von Dr. iur. Daniel Häring, Rechtsanwalt und Kantonsrichter Basel-Landschaft
Forderung 2: Rechtliche Sonderkategorie «Aussergewöhnlicher Todesfall» für den assistierten Suizid schaffen
Statt über eine Gesetzesrevision wird EXIT hier den Weg intensiver Aufklärungsarbeit bei den kantonalen Staatsanwaltschaften suchen. Ziel ist es, dass die behördlichen Massnahmen nach einer Freitodbegleitung einheitlich und vereinfacht erfolgen. Das sei zwar Knochenarbeit, scheine als Fazit aber erfolgversprechender, so Schafroth.
Gutachten von Dr. iur. Daniel Häring, Rechtsanwalt und Kantonsrichter Basel-Landschaft
Forderung 3: Neben Psychiatern sind auch forensische Psychotherapeuten zur Prüfung der Urteilsfähigkeit bei Demenz und psychischer Krankheit geeignet und daher dafür zuzulassen
An der Tagung wurde kein Grund sichtbar, warum diese hoch qualifizierte Berufsgruppe nicht ebenfalls für diese Aufgabe herangezogen werden sollte. Deshalb brachte die EXIT-Präsidentin den nächsten Schritt mit einem Wort zum Ausdruck: Einführen.
Forderung 4: Die Richtlinien der Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) sollen explizit auf das Vorgehen beim assistierten Suizid in Zusammenarbeit mit Sterbehilfeorganisationen eingehen
EXIT will mit einer Überarbeitung die Rolle der Sterbehilfeorganisationen in den SAMW-Richtlinien klarer definieren und so die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft erleichtern. Die Tagung zeigte, dass die Positionen in dieser Frage weit auseinander gehen. Für Marion Schafroth war deshalb am Ende der Tagung einzig Folgendes klar: «Wir müssen da als Erstes mehr Frieden reinbringen und werden die SAMW offiziell zur Bildung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe einladen.»
Forderung 5: Assistierter Suizid soll schweizweit in allen Gesundheitsinstitutionen, also in Alters- und Pflegeheimen und Spitälern, zugelassen werden
Hier erwartet EXIT gemäss Präsidentin eine Annahme der kantonalen Zürcher Volksinitiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen» in der Abstimmung, die wohl 2025 stattfinden dürfte. Anschliessend wolle man in anderen Kantonen ähnliche Vorstösse unterstützen.
Der ausführliche Bericht zur Tagung wird in der nächsten Ausgabe des Mitgliedermagazins EXIT-«Info» veröffentlicht, die Anfang Januar 2025 erscheint.
PowerpointPräsentation der Tagung
Videos der einzelnen Referate und der Podiumsdiskussion:
Begrüssung und Einführung – Was ist Sinn und Zweck der Tagung?
Dr. med. Marion Schafroth, Präsidentin EXIT
«Der assistierte Suizid in der Schweiz – Entwicklungen und Tendenzen»
Prof. Dr. med. Uwe Güth, Brustkrebsspezialist und Studienautor zu "Medical Aid in Dying»
«Suizid als Menschenrecht? Schlussbetrachtungen eines aussenstehenden Experten»
Prof. Dr. med Frank Urbaniok, Forensischer Psychiater
Podiumsdiskussion
«Die Zukunft der Freitodbegleitung – welche Sterbehilfe braucht die Schweiz?»