Jahresbericht 2021

Vorstand und Geschäftsstelle

Präsidium (Marion Schafroth)

GV vor fiktivem Publikum

Im Jahr 2021 wurden die Menschheit und somit auch EXIT weiterhin durch die Probleme und Folgen der Corona-Pandemie belastet, was einiges an Energie absorbierte. Dennoch gelang es uns, nicht nur die Dienstleistungen an unsere Mitglieder in gewohnter Qualität aufrecht zu erhalten, sondern auch an verschiedenen aufwändigen Projekten weiterzuarbeiten (Digitalisierung, Archivierung, Anpassungen an neues Datenschutzgesetz, Statutenrevision etc).

Auch wenn diese Grossprojekte unter dem Lead des jeweiligen Ressorts stehen, so werden sie vom Gesamtvorstand verantwortet. Mit der hervorragenden Unterstützung des Geschäftsleiters sorge ich als Präsidentin dafür, dass der Vorstand jeweils zeitgerecht die anfallenden Projekte, Fragestellungen und Herausforderungen diskutieren und darüber beschliessen kann. Dafür hatte ich acht ganztägige Vorstandssitzungen vorzubereiten und zu leiten. Trotz Pandemie konnten wir diese unter Einhaltung strikter Corona-Massnahmen immer physisch im grossen Sitzungszimmer unserer Geschäftsstelle in Zürich durchführen. Alle Vorstandsmitglieder zeigten hundert Prozent Präsenz. Unsere Diskussionen verliefen stets engagiert in einem sachlich-kritischen Stil. Der Informationsfluss zwischen Vorstand und Geschäftsleitung läuft bestens.

Als inzwischen eingearbeitetes und eingespieltes Team haben wir uns zum Ziel gesetzt, die Strategie von EXIT mittel- wie auch langfristig zu überdenken, um allfällige Auswirkungen auf Dienstleistungsangebot und Mitarbeiteranzahl rechtzeitig antizipieren und in der Planung berücksichtigen zu können. Daher führten Vorstand und erweiterte Geschäftsleitung im November eine erste eintägige Strategieretraite durch; eine weitere wird im Frühjahr 2022 folgen.

Die Leitung der Generalversammlung (GV) ist eine weitere präsidiale Aufgabe. Wegen der Corona-Pandemie beschlossen wir die schriftliche Durchführung (siehe dazu Jahresbericht Ressort Recht). Die Auszählung der postalisch eingegangenen Stimmzettel übernahm dabei eine unabhängige Stimmrechtsvertretung. Am 14.9.21 leitete ich die GV – höchst ungewohnt – unter Anwesenheit von Vorstand, Protokollführer und Stimmrechtsvertreter quasi vor fiktivem Publikum. Erfreulicherweise traten dank umsichtiger Vorbereitung keine unerwarteten Probleme auf.

Wie schon in vergangenen Jahren wirkte ich als Mitglied in diversen EXIT-internen Gremien mit: in der Ethikkommission (4 Sitzungen), der Arbeitsgruppe Patientenverfügung (3 Sitzungen) und der Anlagekommission (4 Sitzungen).

Pandemie-bedingt hatte ich 2021 nur wenige öffentliche Auftritte. Basierend auf einem Interview erschien ein Beitrag in der Zeitschrift «Finanz und Wirtschaft» und immerhin drei Mal war es im Spätsommer möglich, vor grösserem ärztlichem Publikum ein Fachreferat zu halten. Wohl infolge der stark reduzierten Begegnungs- möglichkeiten im Alltagsleben nahmen gegenüber dem Vorjahr deutlich mehr Menschen direkt Kontakt per Mail oder Post mit mir auf. Dabei handelt es sich um einen bunten Strauss von Anliegen: einerseits Lob, Kritik oder Fragen von Mitgliedern, andererseits eher fachliche Fragen einzelner Ärzte und Ärztinnen und sonstiger Mitarbeitenden im Gesundheits- und Sozialwesen. Als Trend lässt sich aus diesen Anfragen herauslesen, dass in der Bevölkerung durch die Auseinandersetzung mit der Pandemie das Bewusstsein gestiegen ist, wie wichtig eine Patientenverfügung ist und wie privilegiert wir in der Schweiz sind, selbstbestimmt und unter mitmenschlicher Begleitung ein unerträglich gewordenes Dasein beenden zu können.

EXIT – hinter diesem einen Wort stehen viele einzelne Persönlichkeiten, die das Räderwerk unserer Organisation am Laufen halten. Ihnen allen gilt mein herzliches Dankeschön: den über 142 000 Vereinsmitgliedern, den Mitgliedern des Begleitungsteams, den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle und der Aussenbüros (Bern, Binningen/Basel und Tessin), der Geschäftsprüfungskommission, der Ethikkommission, den Stiftungsräten palliacura, dem Geschäftsführer und der Leitung Freitodbegleitung sowie meiner Kollegin und meinen Kollegen im Vorstand.

Freitodbegleitung (Andreas Stahel)

Permanente Weiterentwicklung

Interne Entwicklung: Mit grossem persönlichem Engagement aller Mitarbeitenden konnte trotz partiellem Personalmangel und coronabedingten Einschränkungen der Betrieb lückenlos aufrechterhalten werden – dies auch dank einer freiwilligen gut organisierten Überbrückungshilfe im Bereich der Beratungstätigkeit mit Hilfe von Begleitpersonen. Weiterhin konnten auch sämtliche Aufgaben der anderen Kernbereiche (Freitodbegleitung (FTB), FTB-Administration und Patientenverfügung) optimal bewältigt werden. Aufgrund des zunehmend grösseren Arbeitsvolumens nahmen wir einen organisatorischen Teilumbau im Ressort FTB in Angriff. Das Team «Beratung» steht neu unter der direkten Leitung des stellvertretenden Ressortleiters Paul-David Borter. Es wurde im Jahresverlauf personell verstärkt; eine Umsetzung in regionale Einheiten (über die ganze Deutschschweiz und das Tessin verteilt; Teil des «Modells 2030») steht in der Detailplanung und sollte im Jahr 2022 verwirklicht werden. Die Gesamtleitung des Ressorts FTB bleibt weiterhin bei Ornella Ferro.

Sämtliche Begleitpersonen wurden im 3. Quartal mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag bei EXIT eingebunden. Damit wurde ein schon lang bestehender arbeitsrechtlicher Zustand schriftlich fixiert und offizialisiert. Aufgrund von mehreren Pensionierungen in der FTB- Administration musste und konnte eine anspruchsvolle Personalsuche erfolgreich abgeschlossen werden. Dabei konnten wir gleichzeitig noch einen zusätzlich bewilligten Stellenausbau realisieren.

Ausbildung: Im Jahr 2021 haben 6 Personen die Ausbildung zur Begleitperson begonnen und teils schon erfolgreich abgeschlossen. Die Weiteren werden voraussichtlich im ersten Quartal 2022 abschliessen. Im Jahr 2022 werden wir wahrscheinlich wieder eine ähnliche Anzahl von Kandidatinnen und Kandidaten ausbilden. Damit sollten wir die zunehmenden Anfragen und die altersbedingten Abgänge im FTB-Pool auffangen können.

Altersfreitod und Selbstbestimmung: Diese Themen werden laufend intensiv besprochen. Der EXIT-Vorstand wie auch die Ressortleitung sind der Meinung, dass wir an unserem bisherigen Kurs, keine absolut gesunden Menschen in den Freitod zu begleiten, festhalten werden. Solange die Rezeptausstellung eine ärztliche Handlung darstellt und wir die Zusammenarbeit mit Ärzten unbedingt suchen und fördern wollen, gibt es keinen Grund, vom bisherigen erfolgreichen Weg abzuweichen.

Psychiatrische und somatische Konsiliarärzte: Der Mangel an Konsiliarärzten bereitet schon länger Sorge und wurde im zweiten Halbjahr wieder auf mehreren Ebenen mit Elan angegangen. Die wegen der Pandemie über anderthalb Jahre lang ausgesetzten EXIT-Präsentationen bei Hausärzten wurden erneut aufgenommen und Kontakte zu diversen psychiatrischen und intern medizinischen Ärztinnen und Ärzten intensiviert. Die Reaktionen geben Anlass zu berechtigten Hoffnungen. Im Oktober erfolgte ein Grossversand an viele Psychiater in der Deutschschweiz. Das Echo war erfreulich und bisher haben uns einige Psychiater definitiv ihre Mitarbeit zugesagt und auch bei den Hausärzten sind wir auf gutem Weg. Für die Zukunft planen wir, mit Palliativ-Zentren an diversen grösseren Kliniken in der Deutschschweiz Kontakte zu knüpfen, um deren Öffnung gegenüber den Anliegen von EXIT zu erreichen und schliesslich auch Freitodbegleitungen an Kliniken durchführen zu können. Das Interesse an unserer Arbeit, insbesondere auch an der suizidpräventiven Wirkung, konnte wesentlich gefördert werden.

Zudem wurde auf Initiative von EXIT eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe gegründet. Diese ist daran, die Möglichkeit der Einbindung von Psychologen (zusätzlich zu Psychiatern) in den Abklärungsprozess zur Urteilsfähigkeit von psychisch vorbelasteten Sterbewilligen abzuklären und das Thema voranzubringen.

Sterbezimmer: Das neue Sterbezimmer auf der Geschäftsstelle wurde nach einer längeren Abklärungs- und Bewilligungsphase Mitte Oktober in Betrieb genommen. Damit konnten wir ein lang gehegtes Anliegen endlich erfolgreich umsetzen. Im Kanton BL können wir zudem bei Bedarf seit Mitte Mai das Sterbezimmer von Pegasos in Liestal mitbenützen.

Dank: Ich danke allen Mitarbeitenden der EXIT-Familie für den immensen Einsatz zum Wohle aller Hilfesuchenden und Mitglieder und bin froh, dass wir trotz pandemiebedingt schwierigem Umfeld einen solch gewaltigen Zusammenhalt erfahren dürfen.

Aus der Statistik

Tabelle 1: Anzahl Akteneröffnungen (AE) / Freitodbegleitungen (FTB) / Mitglieder (MG)

Statistik AE/FTB/MG

20212020

2019

2018

2017

2016

2015

Akteneröffnungen

13281185

1152

1207

1031

991

1083

FTB total

973913

862

905

734

722

782

FTB Frauen

571 (58,7%)

538 (58,9%)

508 (58,9%)

516 (57,0%)

442 (60,2%)

415 (57,5%)

434 (55,5%)

FTB Männer

402 (41,3%)

375 (41,1%)

354 (41,1%)

389 (43,0%)

292 (39,8%)

307 (42,5%)

348 (44,5%)

Durchschnittsalter (Jahre)

78,278,7

78,2

78,2

78,1

76,7

77,4

EXIT-Mitglieder 31.12.

142 233

135 041

128 212

120 117

110 391

104 278

95 621

Tabelle 1: Die Anzahl Akteneröffnungen und die Anzahl Freitodbegleitungen sowie die Mitgliederzahl (plus 5%) stiegen wiederum an und widerspiegeln un- sere allgemeine Belastungszunahme.

Wir verzeichnen also einen weiteren Höchststand in der Geschichte von EXIT, auch wenn wir unseren Vereinserfolg nicht über diese Zahlen definieren.

Tabelle 2: Sterbeort

 

20212020201920182017

privat

784 (81%)

748 (82%)731 (85%)760 (84%)613 (85%)

Sterbezimmer EXIT

42 (4%)

33 (4%)20 (2%)23 (3%)36 (5%)

Heim

147 (15%)

132 (14%)111 (13%)122 (13%)85 (12%)

 

Tabelle 3: Anzahl FTB in ausgewählten Kantonen

 

20212020

2019

2018

2017

Kanton ZH

304312

288

329

274

Kanton BE

137133

124

107

90

Kanton AG

10986

93

92

67

Kanton SG

6253

50

49

40

Kantone BS + BL

88 (47+41)

79 (35+44)

52 (28+24)

86 (44+42)

63 (38+25)

Anzahl FTB 2021 in weiteren Kantonen: LU 53, TG 36, SO 35, GR 28, ZG 23, GL 12

Tabelle 3 zeigt die Entwicklung in den Kantonen mit den grössten FTB-Zahlen. In den Kantonen AG, SG, LU, GR, ZG und GL verzeichnen wir eine deutliche Zunahme gegenüber 2020.

Tabelle 4: Gegenüber 2020 resultierten keine grossen Verschiebungen mit Ausnahme einer deutlichen Zunahme bei den Schmerzpatienten und den polymorbiden Patienten.

Tabelle 4: zu Grunde liegende Krankheiten bei FTB (gerundet auf volle %-Zahlen)

                                                                 2021

            2020

       2019   

ALS

232 %

19

2 %

26

3 %

Augenkrankheit

111 %

8

1 %

14

2 %

Demenz

25

3 %

25

3 %

15

2 %

Herzerkrankung

24

2 %

34

4 %

22

3 %

Hirnschlag

22

2 %

23

3 %

35

4 %

HIV

0

0 %

3

0 %

2

0 %

Krebserkrankung

340

35 %

333

36 %

311

36 %

Lungenkrankheit

48

5 %

51

6 %

45

5 %

MS

22

2 %

19

2 %

14

2 %

Nierenkrankheit

1

0 %

4

0 %

5

1 %

Parkinson

32

3 %

30

3 %

32

4 %

Polymorbidität

264

27 %

227

25 %

227

26 %

Polyneuropathie

7

1 %

11

1 %

8

1 %

Psychische Krankheit

13

1 %

21

2 %

17

2 %

Schmerzpatient

119

12 %

85

9 %

64

7 %

Tetraplegie

6

1 %

4

0 %

0

0 %

Andere

162 %

16

2 %

25

3 %

Total

973 

913

 

862

 

Kommunikation (Jürg Wiler)

Frisches Gesicht

EXIT wird in diesem Jahr 40-jährig! Grund genug für den Verein, ein Buch zur Geschichte der Sterbehilfe in der Schweiz herauszugeben. Denn seit Jahrzehnten ist in unserem Land möglich, was in vielen anderen Ländern verboten ist: Menschen, die ihre Leiden nicht mehr aushalten, dürfen mit einem vom Arzt verschriebenen Medikament selbstbestimmt sterben. Wie dies möglich geworden ist, erzählt das Buch in packenden Episoden. Das Werk des bekannten Sachbuchautors Karl Lüönd ist das erste überhaupt, das die bewegte und teilweise gar turbulente Entwicklung der Suizidhilfe in der Schweiz aufzeigt – wer es gelesen hat, weiss Bescheid über das kontrovers diskutierte Thema. Der Verlag NZZ Libro hat das Buch «Selbstbestimmt bis zuletzt» soeben veröffentlicht.

EXIT wächst stetig weiter. So konnte das Ressort Kommunikation den Medien, der Öffentlichkeit und den Behörden mitteilen, dass der Verein Ende 2021 in der Deutschschweiz und im Tessin insgesamt über 142 200 Mitglieder zählte. Wiederum sind Tausende von Menschen der grössten Selbstbestimmungsorgani- sation der Schweiz neu beigetreten. Das ist sehr erfreulich – und auch wichtig. Denn der Non-Profit-Verein verliert jedes Jahr auch zahlreiche ihrer vorab betagten Mitglieder durch Todesfälle. Es müssen also regelmässig neue Mitglieder dazugewonnen werden, damit die Durchschlagskraft von EXIT gesellschaftlich und politisch auch in Zukunft gewahrt bleibt.

In der jüngsten Öffentlichkeitskampagne haben wir die EXIT-Mitgliederkarte ins Bild gerückt. Mit unserem neuen Logo und der Botschaft «Dieser Ausweis beruhigt» haben wir wiederum für unsere Dienstleistungen geworben. So machen wir darauf aufmerksam, dass «Selbstbestimmt bis ans Lebensende» auch heisst, Eigenverantwortung wahrzunehmen. Dieses Sujet ist Anfang September in Inseraten in zehn Tageszeitungen und einer Sonntagszeitung in der deutschen und italienischen Schweiz erschienen. Gleichzeitig war es auch auf 110 Plakaten an vielfrequentierten Plätzen in Zürich, Bern und Basel zu sehen. Das Echo auf die Imagekampagne war grösstenteils positiv. Die Gratwanderung, bei Kampagnen adäquat auf die Aktivitäten von EXIT aufmerksam zu machen, scheint wiederum gelungen zu sein.

Um ihre Dienstleistungen breiter bekannt zu machen, öffnet sich unsere Organisation erstmals in ihrer Geschichte dem Thema Online-Marketing. Zu diesem Zweck haben wir unsere Kommunikationskanäle analysiert und zusammen mit einer Agentur strategische Ziele und Massnahmen erarbeitet. Die erste Online- Kampagne ist jüngst auf diversen Informationsplattformen getestet worden, die Erkenntnisse daraus werden in weitere Online-Kampagnen einfliessen.

Eng verbunden damit sind umfangreiche Themen wie Datenschutz sowie Suchmaschinen-Optimierung. Sinn und Zweck bei letzterem ist, dass der Verein bei der Suche nach verschiedenen Stichworten im Internet mit seinen Angeboten wie Patientenverfügung und Freitodhilfe gut wahrgenommen wird. Parallel dazu sind die Website, der elektronische Newsletter und das Mitgliedermagazin «Info» involviert in die Digitalisierung, welche in nächster Zeit ein gewichtiges Thema bei EXIT darstellen wird.

Ziel des zweiköpfigen Ressorts Kommunikation ist es, zum Erhalt und Ausbau der bemerkenswert guten Reputation von EXIT beizutragen. So galt es wiederum, die Vereinsziele kommunikativ zu unterstützen und transparent gegen innen und aussen zu informieren. Gleichzeitig musste unsere externe Agentur, die unsere Website lange Jahre betreut hat, ersetzt werden. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass wir mit einer Berner Agentur einen valablen Ersatz gefunden haben; sie hat das Hosting von exit.ch ab Anfang Jahr übernommen. Ebenfalls gewechselt hat die Druckerei für unser Mitgliedermagazin «Info». Neu übernimmt eine Firma aus dem Kanton Zürich diese Aufgabe.

Und zum Schluss noch in eigener Sache: Dies ist der letzte Jahresbericht, den ich für EXIT verfasse. Mit dem rasanten Wachstum des Vereins und der Umsetzung der Digitalisierung werden die Anforderungen an die Kommunikation von EXIT weiter steigen. Es ist mir ein Anliegen, dass in dieser wichtigen Phase eine frische Kraft das Ressort Kommunikation übernimmt. Zum Abschluss meiner Tätigkeit als Kommunikationsvorstand und Vizepräsident bedanke ich mich bestens bei allen Beteiligten für die wohlwollende Zusammenarbeit. Ihnen, werte Mitglieder, gilt mein herzlicher Dank für Ihr Vertrauen und Ihr Engagement!

Recht (Katharina Anderegg)

Viele Fragen beantwortet

Auch im vergangenen Jahr hat mich die Statutenrevision beschäftigt, allerdings deutlich weniger als in den Vorjahren. Trotz abgeschlossener Vernehmlassung und der Vorlage eines definitiven Textes kamen nach wie vor Kritiken oder Anregungen aus dem Kreis der Mitglieder. Solche Punkte konnten also nicht mehr berücksichtigt werden. Mit grosser persönlicher Genugtuung nahm ich die Genehmigung der Statuten an der Generalversammlung (welche das letzte Mal so hiess, ab dem Jahr 2022 sprechen wir von Vereinsversammlung) zur Kenntnis.

Arbeitsintensiv war die Vorbereitung der Generalversammlung. Da sich die Pandemiesituation ja bekanntlich nicht positiv entwickelt hat, entschied sich der Vorstand bereits früh im Jahr, die Versammlung ausschliesslich schriftlich durchzuführen. Dies war gestützt auf die COVID-19-Verordnung des Bundes ohne weiteres möglich.

Aus diesem Grund musste der Ablauf vollständig neu aufgebaut und durchdacht werden. Als erstes musste die Unabhängige Stimmrechtsvertretung gefunden und mandatiert werden, es wurden dazu Offerten eingeholt. Da diese aber die Auszählungen nicht selbst durchführen können, musste dazu eine geeignete Ge- sellschaft gefunden werden, auch dies geschah mit einer Offert-Einholung von einigen uns empfohlenen Unternehmungen.

Die eigentliche Arbeit begann dann aber erst! Wie hat der Wahlbogen auszusehen? Wo müssen die Kreuze hingemacht werden? Darf der Bogen aus dem Heft herausgerissen werden? Wenn nein, wie müssen die zusätzlichen Unterlagen mit dem Heft zusammen eingeschweisst werden? Fragen über Fragen! Da aber die von uns gewählte Gesellschaft eine reiche Erfahrung mitbringt, konnten wir am Schluss die Abstimmungsunterlagen fristgerecht und vollständig an die Mitglieder verschicken. Ich hatte allerdings den dazu notwendigen Arbeitsaufwand unterschätzt. Ziel war es, die Vorbereitungen so vorzunehmen, dass der Ablauf auch für sämtliche zukünftigen Versammlungen verwendet werden kann, der Aufwand war demzufolge gerechtfertigt. Während den Diskussionen gab es immer wieder sehr interessante juristische Fragen, die ich mir so noch nie habe überlegen müssen; ein spannendes Projekt, welches mich herausforderte.

Das Digitalisierungsprojekt schreitet programmgerecht voran. Im Zusammenhang mit dem neuen Datenschutzgesetz, welches in Kürze in Kraft treten wird, hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, für eine beschränkte Zeit eine Juristin oder einen Juristen einzustellen. Unsere Wahl fiel auf Frau Cynthia Brändli, welche auf dem zweiten Bildungsweg Recht studiert und bereits in ihrem ersten Tätigkeitsgebiet tagtäglich mit Datenschutz konfrontiert war. Sie war ein Glücksfall für uns. Von Anfang an bereitete sie die notwendigen Grundlagen sauber auf, sie erstellte selbständig diverse stringent formulierte Unterlagen, so dass wir am Schluss ihre Vorschläge voll und ganz gutheissen konnten. Zentral für uns war insbesondere die Frage, welche Papierunterlagen wir physisch wie lange aufbewahren müssen, dies vor allem im Zusammenhang mit allfälligen Gerichtsverfahren.

Im Berichtsjahr konnten auch die Arbeitsverträge für sämtliche Begleitpersonen unterzeichnet werden, auch wenn es im Vorgang dazu einige intensive Dis- kussionen gab.

Im Tagesgeschäft sind oftmals gleiche oder ähnliche Fragen zu bearbeiten. Es handelt sich vor allem um Anfragen, ob Erben oder Anwälte nach dem Ableben eines Mitgliedes Einsicht in das Dossier nehmen dürfen oder es gibt Fragen betr. einer Schenkung oder einer Erbeinsetzung. Manchmal wenden sie Mitglieder auch direkt an mich, statt an die zuständige Fachperson auf der Geschäftsstelle, manchmal kann ich ihre Fragen beantworten, manchmal muss ich sie weiterverweisen.

Das Verfahren im Zusammenhang mit der gravierenden Missachtung einer Patientenverfügung, welches ich in meinen letzten beiden Jahresberichten erwähnt habe, wurde durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. Gestützt auf die Begründung der Einstellung mussten die Erfolgsaussichten eines Prozesses als sehr gering eingeschätzt werden, weshalb wir auf eine Beschwerde gegen die Einstellung verzichtet haben.

Finanzen (Andreas Russi)

Digitale Prozesse forcieren

Das Berichtsjahr 2021 war weiterhin von der Pandemie geprägt, welche aber keine finanziell negativen Auswirkungen auf unseren Verein hatte. Durch den regelmässigen Austausch mit dem Geschäftsführer und dem Leiter Finanz- und Rechnungswesen verfügte ich über die für mich wichtigen Informationen zum Tagesgeschäft und zu wichtigen Projekten (z. B. flexIT). Auch unsere Hausbank versorgte mich periodisch mit wertvollen Informationen zum Geschehen und den Aussichten an den Finanzmärkten. Das Bearbeiten und Beraten der Vorstandsgeschäfte sowie die Vorbereitung und periodische Finanzberichterstattung an den Vorstand zeigten mir wiederum, wie breit gefächert die Themen von EXIT sind.

Das Digitalisierungsprojekt «flexIT» ist wesentlich vorangeschritten und nimmt immer konkretere Formen an. Im Frühjahr 2021 erfolgte auch der Entscheid für unsere künftige Buchhaltungs-Software. In meiner Funktion als Finanzvorstand und Mitglied der erweiterten Projektsteuerung seitens EXIT habe ich mich regelmässig über den Stand des Projekts orientiert und an drei Telefonkonferenzen des Steering Committee vom Projektfortschritt überzeugen lassen. Aus heutiger Sicht ist das «Going live» – wie vorgesehen – im Vereinsjahr 2022 möglich.

Im abgelaufenen Vereinsjahr hatten wir vier in meiner Funktion als Präsident der Anlagekommission vorbereitete und geleitete Kommissionssitzungen. Diesen sind jeweils vertiefte Abklärungen und Analysen in Zusammenarbeit mit unserem Anlageberater vorangegangen. Einzelne Finanzinstitute, mit denen EXIT zusammenarbeitet, haben unseren Verein nun doch auch mit Negativzinsen versucht unter Druck zu setzen. Bislang konnten wir aber durch ein überlegtes Liquiditätsmanagement Negativzinsen vermeiden. Die Finanzanlagen-Entscheide hatten im Wesentlichen Anpassungen in den Anlageformen und bei den Fremdwährungen zum Inhalt (im Sinne eines Re-Balancing). In einzelnen Fällen hat die Finanzanlagekommission aufgrund der freundlichen Stimmung an der Börse durch Wertschriftenverkäufe Gewinnmitnahmen vorgenommen.

Mit dem Börsenjahr 2021 ging eine weitere, für die Vermögensverwaltung anspruchsvolle Phase an den Kapitalmärkten zu Ende. Es war geprägt von weiterhin expansiv agierenden, eine ultralockere Geldpolitik betreibenden Notenbanken und dem nun im dritten Jahr historischen tiefen Zinsumfeld. Unser Verein ist im Berichtsjahr dank einem ausgewogenen Portfolio und starker heimischer Währung sowie einem starken Aktienjahr sehr gut über die Runden gekommen. Das fortdauernde historische Tiefzinsniveau sowie ein fortbestehender, nicht zu unterschätzender genereller Anlagenotstand bleiben im neuen Vereinsjahr eine Herausforderung.

Das Budget 2022 – die Genehmigung durch den Vorstand erfolgte in dessen Dezember-Sitzung 2021 (siehe separaten Kommentar zum Budget 2022) – und die Jahresrechnung zum Vereinsjahr 2021 waren weitere Schwerpunkte in meiner Tätigkeit.

Geschäftsführung (Bernhard Sutter)

Wachstum trotz Pandemie

2021 – das 40. Geschäftsjahr von EXIT – war für die Vereinsadministration herausfordernd. Nicht so sehr wegen der Pandemie im zweiten Jahr, Grund war vielmehr der Erfolg unserer Vereinssache: mehr Beitritte, mehr Mitglieder, mehr Spenden, mehr Patientenverfügungen, mehr Abklärungen, mehr Begleitungen. Immerhin: weniger Austritte; diese bewegen sich aber ohnehin auf tiefem Niveau (unter einem Prozent). 

Das Berichtsjahr in Zahlen: 18 271 Patientenverfügungen ausgegeben; 10 035 Patientenverfügungen kontrolliert; 12 988 Neuanmeldungen bearbeitet; 8756 ausgefüllte VV-Stimmbogen verzeichnet; gegen 5000 Beratungen (Telefon, Mail, Zoom) sichergestellt; 3258 Broschüren versandt; 1328 Vorbereitungen für Suizidhilfe geleistet; Tausende Auskünfte erteilt.

Die 37 Festangestellten der Geschäftsstelle Zürich und der Büros Bern, Basel, Tessin sowie die rund 50 Begleitpersonen in der gesamten Deutschschweiz haben motiviert und engagiert Einsatz geleistet. Ihnen gebührt der grosse Dank von Vorstand und Geschäftsführung.

Betrieb und Mitarbeitende unter Pandemiebedingungen (Schutzmassnahmen, Home Office, Ausfälle) zu organisieren, erforderte Flexibilität. Die technischen Voraussetzungen zu schaffen – und dabei auch die Cybersecurity im Home Office zu gewährleisten – beanspruchte unsere IT. Die Generalversammlung musste wegen Covid auf September verschoben und der schriftliche Weg beschritten werden – doch die hohe Zahl von fast 9000 Teilnehmenden war eine schöne Bestätigung für das Interesse der Mitglieder. Auch in der Pandemie halten bei EXIT Zustrom und Wachstum von mindestens fünf Prozent pro Jahr an. EXIT geht es finanziell weiterhin gut. Erwähnt gehört hier auch die Arbeit zusammen mit den anderen Verantwortlichen in der Anlagekommission.

Trotz gemeinhin tiefer Fluktuation hatte EXIT bei Rekrutierung, Einarbeitung und interner Weiterbildung viel zu tun. Nicht nur standen drei Pensionierungen an, sondern auch personelle Wechsel und Nachwahlen in GPK und Ethikkommission. Sodann wurden Besetzungen vorgenommen, um die Projekte der Zeit wie etwa Datenschutzanpassungen zu meistern. Aufwändigstes Projekt blieb die Digitalisierung. Die ersten Umsetzungen trugen weiter zur Datensicherheit bei.

Die Geschäftsführung ist Schnittstelle aller Arbeiten, Interaktionen und Projekte sowie der Abteilungen, Gremien, Kommissionen und Drittpartnern.

Unter den Geschäften 2021 besonders zu erwähnen: Statutenreform, Anpassung Arbeitsverträge FTB, Vorbereitung Buch-Herausgabe, Vorbereitung Online-Marketing, Anpassungen Patientenverfügung

Geschäfte 2021 wegen wachsender Organisation: Strategie-Überprüfung, Umsetzungsvorbereitungen Modell 2030, Schaffung Empfang, Schaffung Sterbezimmer Zürich, Nachfolge-Suche Kommissionen, Vorstand, etc., Reglementsanpassungen, Internationale Beziehungen (Dachorganisationen)

Quintessenz: Vorstand und Geschäftsführung set- zen weiterhin auf organisches Wachstum. Die Strategie des Vorstands wird EXIT weiter stärken und zu einer nicht wegzudenkenden Grösse im schweizerischen Gesundheitssystem machen. Klar ist aber auch: mehr Dienstleistungen, Aussenbüros, Stellen müssen erst finanziert werden können. Die Vorkehrungen werden über das Berichtsjahr hinaus weitergehen.

Das Wichtigste für die Organisation ist unsere Seriosität und Glaubwürdigkeit, wofür alle bei EXIT Tätigen einstehen. Der Geschäftsführer dankt den Mitgliedern für das entgegengebrachte Vertrauen, dem Vorstand für die konstruktive Zusammenarbeit, den Begleitpersonen für ihre anspruchsvolle Hilfeleistung zugunsten kranker Mitglieder, der GPK für ihre wichtige Kontrollfunktion. Ein spezielles Dankeschön geht an die Mitarbeitenden. Die Qualität ihrer Arbeit ist hoch. So tragen sie wesentlich zum Erfolg bei.

Nicht zuletzt wollen wir den 3348 Mitgliedern gedenken, die uns im Jahresverlauf verlassen haben. Unter den Verstorbenen ist Hans Wehrli, der EXIT 2007 bis 2010 als Präsident vorgestanden ist.

Geschäftsprüfungskommission (GPK)

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) von EXIT nimmt Einblick in die Tätigkeit des Vorstands und der Geschäftsführung. Zudem prüft sie periodisch, ob die gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen sowie die Reglemente korrekt angewendet werden und ob die Beschlüsse der Generalversammlung und des Vorstandes ordnungsgemäss vollzogen werden.

Tätigkeiten

Auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie konnte die GPK ihre Aufgaben wahrnehmen. Allerdings traf sie sich aufgrund der Absage des EXIT-Tags, der brieflichen Durchführung der GV und des Wechsels im Präsidium im Geschäftsjahr 2021 nur zu zwei Sitzungen, nämlich am 4. Oktober und am 1. Dezember 2021. Im Übrigen fand der Austausch auf dem Korrespondenzweg und per Telefon statt.

In personeller Hinsicht kam es in der dreiköpfigen GPK zu einem bedeutenden Wechsel. Die langjährige Präsidentin Elisabeth Zillig trat auf die Generalversammlung zurück. Die Verabschiedung fand am 26. August 2021 statt. Neu wurde Dr. Christa Stamm, die zum bestehenden Mitglied Hugo Stamm in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis steht, in die GPK gewählt.

Die Konstituierung erfolgte anlässlich der Sitzung vom 4. Oktober 2021. Den Vorsitz übernahm Dr. Patrick Middendorf. Hugo Stamm zeichnet neu hauptverantwortlich für die Prüfung der Akten, wozu auch die Kontrolle der Freitodbegleitungen gehört, und Dr. Christa Stamm amtet als Protokollführerin.

Am 1. Dezember 2021 kontrollierte die GPK auf der Geschäftsstelle in Zürich den Lagerbestand des Medikaments Natrium-Pentobarbital (NaP), das von EXIT für die Sterbehilfe verwendet wird. Sie stellte fest, dass das NaP sicher aufbewahrt wird und über die Ein- und Ausgänge sorgfältig und zweckmässig Buch geführt wird.

Allgemein kann die GPK feststellen, dass Vorstand und Geschäftsleitung den Verein im 2021 umsichtig führten und die gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen eingehalten wurden. Die Reglemente und Richtlinien des Vorstands wurden seitens der Geschäftsstelle richtig angewendet und die Beschlüsse der Generalversammlung und des Vorstands ordnungsgemäss vollzogen. Zudem wurden auch die aufgrund der Corona-Pandemie gebotenen Gesundheitsmassnahmen gewissenhaft eingehalten, so dass auf der Geschäfts- stelle auch im letzten Vereinsjahr keine Covid-Erkrankungen zu beklagen waren. Die GPK unterstützte den Entscheid, auf die Durchführung des traditionellen EXIT-Tags zu verzichten und die zunächst auf den September verschobene Generalversammlung brieflich durchzuführen.

Keine Verletzung von GV-Beschlüssen und keine Kompetenzüberschreitung durch Artikel der Ethikkommission im EXIT «Info» 3.21
Seit längerer Zeit verlangt das Komitee Altersfreitod vom Vereinsvorstand eine liberalere Haltung zum Altersfreitod. Mit der Einberufung der Arbeitskommission zur Klärung von Massnahmen für einen erleichterten Zugang von betagten Menschen zum Sterbemittel im Jahr 2017 und der Annahme entsprechender Anträge an der GV 2019 gelang ihm ein wertvoller Beitrag rund um das Engagement von Exit in diesem Zusammenhang.

Als die Ethikkommission von EXIT in einem Artikel im EXIT «Info» 3.21 ihre Haltung zum Altersfreitod darlegte, äusserte das Komitee deren grosse Unzufriedenheit mit dem Beitrag und sah darin einen Verstoss gegen die Beschlüsse der GV 2019 sowie eine Kompetenzüberschreitung. Der Versuch, noch im Herbst 2021 eine Aussprache durchzuführen, wurde unter Verweis auf die Pandemiesituation ausgeschlagen. In der Folge wurde der GPK über das Komitee eine Stellungnahme des Mitglieds Kaspar Hotz zugestellt, worin neben einer rechtlichen Standortbestimmung auch Vorwürfe an die Ethikkommission gerichtet werden.

Die GPK nimmt die Meinungsäusserung des Komitees als anregendes Statement entgegen. Sie begrüsst die Diskussion über den Altersfreitod. Zum Papier von Kaspar Hotz hat die GPK folgende Position: Der Autor fokussiert seine Ausführungen auf das rechtlich Zulässige. Er plädiert zwar für eine progressivere Haltung von EXIT, doch er zeigt nicht auf, worin er die Missstände oder Probleme der aktuellen Haltung und Praxis des Vorstands sieht.

Die GPK stellt fest, dass es ein Dilemma zwischen Selbstbestimmung als statutarischem Zweck und Drittbestimmung, die aus einer Drittprüfung folgt, gibt. Aber sie kann darin kein grundsätzliches Problem erkennen. Die Prüfung der Nachvollziehbarkeit des Sterbewunsches darf nicht nur aus rechtlicher Sicht des Sterbewilligen betrachtet, sondern sie muss auch aus der Perspektive der Begleitpersonen beurteilt werden. Für sie ist die Nachvollziehbarkeit aus ethischer und moralischer Sicht wichtig, tragen sie doch einen bedeutenden Teil der Verantwortung für den assistierten Suizid mit.

Für die GPK besteht kein Anlass einzugreifen. Der statutarische Zweck der Selbstbestimmung wäre nur dann verletzt, wenn man ihn dahingehend auslegen würde, dass der Sterbewunsch eines Mitglieds allem anderen überzuordnen sei. Ansonsten stellt der vom Komitee Altersfreitod mitgetragene Kommentar von Hotz eine von vielen berechtigten Meinungsäusserungen dar.

In der Diskussion ging es primär um einen erleichterten Zugang zum NaP und um das berechtigte Anliegen, dass nicht mehr zwingend ein Arzt ein Rezept ausstellen müsste. Für einzelne Mitglieder bedeutet die Abhängigkeit von einem Arzt einen Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht. Die GPK kann diesen Gedanken nachvollziehen. Sie ist gleichzeitig der Meinung, dass die freie Verfügbarkeit des Sterbemittels risikobehaftet bzw. die Gefahr des Missbrauchs offensichtlich wäre.

Die GPK nahm die Vorwürfe des Komitees zum Anlass, beim Vorstand einen schriftlichen Bericht zur Umsetzung der Beschlüsse der 37. EXIT-GV zum Altersfreitod einzufordern. Der Bericht vom 28.10.2021 ging der GPK am 01.11.2021 zu und wurde anlässlich der Sitzung vom 1.12.2021 positiv zur Kenntnis genommen.

Prüfung der Akten

Seit die Geschäftsprüfungskommission von EXIT besteht, gehört die Durchsicht und Prüfung aller zu einer Freitodbegleitung benötigten Dokumente, Unterlagen und Akten zu einer ihrer Kernaufgaben. Dazu gehören Arztzeugnisse, Krankengeschichten, allfällige Spitalaustrittsberichte, Gesprächsberichte mit den Sterbewilligen, die ärztliche Bestätigung der Urteilsfähigkeit der sterbewilligen Person, die Ausstellung des Rezeptes für das Sterbemittel NaP, das Protokoll der Freitodbegleitung, allfällige Gutachten und weitere Unterlagen. Mit diesem Vorgehen wird den hohen Ansprüchen, die EXIT an eine Freitodbegleitung stellt, Rechnung getragen. Diese Prüfung ist für die GPK sehr wichtig, um festzustellen, ob alles im Rahmen der gesetzlichen und reglementarischen Vorschriften abgelaufen ist. Die GPK stellt fest, dass die Sterbebegleitungen den erforderlichen Standards vollends gerecht werden.

Die Statistik über Akteneröffnungen und Freitodbegleitungen sind im Jahresbericht des zuständigen Vorstandsressorts Freitodbegleitung publiziert.

Finanzen

Die GPK traf sich am 28. Februar 2022 mit Marion Schafroth, EXIT-Präsidentin, Andreas Russi, Vorstandsmitglied und verantwortlich für das Ressort Finanzen, Bernhard Sutter, Leiter Geschäftsstelle, und Romano Cavegn, Leiter Buchhaltung, sowie mit der externen Revisorin Claudia Suter, um die vorab zugestellte Jahresrechnung 2021 zu besprechen und sich einzelne Positionen der Erfolgsrechnung erklären zu lassen. Die GPK stellt fest, dass das Vereinsvermögen sorgfältig verwaltet wird, was auch die gute Vermögenslage des Vereins und der positive Abschluss belegen. Sie dankt dem Finanzchef für die umsichtige Verwaltung des Vereinsvermögens.

Zusammenarbeit mit dem Vorstand

Die Geschäftsprüfungskommission erhält regelmässig die Protokolle der Vorstandssitzungen und gewinnt dadurch Einblick in alle laufenden Geschäfte. Zusätzlich bestehen Telefon- und E-Mail-Kontakte zwischen den Mitgliedern der GPK, des Vorstands und der Geschäftsstelle. Dies erlaubt es der GPK, auf allfällige Probleme rechtzeitig einzugehen.

Dank

Die Geschäftsprüfungskommission verdankt die im vergangenen Vereinsjahr geleistete grosse Arbeit. Sie würdigt insbesondere die Flexibilität und den umsichtigen Umgang mit den von Covid-19 verursachten Einschränkungen bei allen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sowohl vom Vorstand als auch vom Team der Begleitpersonen, den Konsiliarärzten und -ärztinnen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle wurde eine anspruchsvolle Arbeit mit viel Engagement und fachlichem Können geleistet.

DR. PATRICK MIDDENDORF (PRÄSIDENT), HUGO STAMM, DR. CHRISTA STAMM