Sonderfall: Demenz und Freitodbegleitung

Immer mehr Menschen leiden an Demenzerkrankungen wie Alzheimer. Eine Begleitung beim Freitod kommt nur in Frage, solange die Urteilsfähigkeit noch vorhanden ist.

Aufgrund der demografischen Entwicklung nehmen Demenzerkrankungen weltweit zu. In der Schweiz sind sie die dritthäufigste Todesursache nach Herz-Kreislaufleiden und Krebs sowie der häufigste Grund für Pflegebedürftigkeit im Alter.

Manche Menschen ziehen es vor, zu sterben, bevor ihre Demenzerkrankung ein selbständiges Leben unmöglich macht. EXIT kann Patienten mit einer Demenzdiagnose und Sterbewunsch helfen, jedoch nur, wenn sie noch im Besitz ihrer Urteilsfähigkeit sind. 

Urteilsfähigkeit

Eine Person ist urteilsfähig, wenn sie

  1. im persönlichen Kontakt unauffällig erscheint,
  2. ihre Situation verstehen, nachvollziehbar darlegen und rational bewerten kann und
  3. darauf basierend einen Willen bilden und formulieren kann.

Merkblatt Urteilsfähigkeit

Ich werde mit diesem ungebetenen Gast, dem ‹Herrn Alzheimer›, leben müssen, aber ich will sterben, solange ich dich, meine Frau noch kenne. Ich will schon jetzt mit EXIT Kontakt aufnehmen.

EXIT-Mitglied Herr Schäubli-Meyer

Entscheidung für das Sterben nur mit voller Urteilsfähigkeit

Der von einer Demenz-Diagnose betroffene Mensch muss sich zu einem Zeitpunkt für das Sterben entscheiden, in dem sein Leben oft noch eine gewisse Qualität aufweist. Alzheimer beispielsweise wird oft in einem frühen Krankheitsstadium diagnostiziert. Im Lauf der Krankheit verliert der Betroffene seine Urteilsfähigkeit. Dann ist eine Freitodbegleitung nicht mehr möglich.

Eine im Frühstadium abgeschlossene EXIT-Patientenverfügung schützt aber bis zum Lebensende. In der Patientenverfügung kann man festlegen, dass man bei einer Demenzerkrankung im fortgeschrittenen Stadium auf jede lebensverlängernde ärztliche Behandlung, sogar auf jede künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, verzichten will.

Walter Andreas Müller über seine EXIT-Mitgliedschaft.

EXIT empfiehlt Mitgliedern mit einer Demenz-Diagnose und einem Sterbewunsch, sich frühzeitig zu melden, um ihre Situation ein erstes Mal zu besprechen. Es wird vorerst nicht darum gehen, so bald wie möglich eine Freitodbegleitung zu planen.

Der Verlauf einer Demenzerkrankung ist von Fall zu Fall unterschiedlich und sie kann durchaus einige Jahre in einem frühen Stadium verbleiben. Es ist jedoch wichtig, frühzeitig ein Netzwerk mit Angehörigen, Ärzten und einer EXIT-Begleitperson aufzubauen, um den Zeitpunkt nicht zu verpassen, in dem eine Entscheidung für den Freitod noch möglich ist.

Weitere Informationen zum Thema Demenz

Häufige Fragen zu Freitodbegleitung und Demenz

Demenzerkrankungen können unterschiedlich schnell verlaufen. Es ist ratsam, dass Sie sich bei einer entsprechenden Diagnose und einem Sterbewunsch frühzeitig mit EXIT in Verbindung setzen für erste Abklärungen. So kann EXIT Sie, neben ihren Angehörigen und ihrem Hausarzt, unterstützen bei der Beobachtung des Verlaufs Ihrer Demenzerkrankung. Wenn Sie sich bei EXIT melden, bedeutet das nicht, dass dann unverzüglich eine Freitodbegleitung eingeleitet werden muss. Für eine Freitodbegleitung darf jedoch der Zeitpunkt des Verlustes der nötigen Urteilsfähigkeit nicht verpasst werden. Dieser Zeitpunkt ist von Fall zu Fall unterschiedlich und es kann durchaus einige Jahre dauern, bis er eintrifft.

Eine urteilsfähige Person versteht ihre Situation und kann ihre Krankheit benennen. Sie ist darüber informiert und versteht, was mit Fortschreiten der Krankheit auf sie zukommen wird, sie kennt die Prognose, aber auch die bestehenden Therapiemöglichkeiten.

Es ist weniger gravierend, wenn man z.B. nicht mehr weiss, welches Datum oder welcher Wochentag gerade ist. Wichtig ist, dass man noch begründen kann, wer man ist und warum man sich dafür entschieden hat, nun nicht mehr weiterzuleben.

Bei einer Demenzdiagnose muss die Urteilsfähigkeit maximal 30 Tage vor dem geplanten Freitod durch einen Facharzt (Psychiater, Neurologe oder Geriater) nochmals bestätigt werden. Die Bestätigung durch den eigenen Hausarzt genügt den behördlichen Anforderungen nicht. Hinzu kommt die Einschätzung der Freitodbegleitperson: Auch zum Zeitpunkt des gewählten Sterbetermins muss die Urteilsfähigkeit noch gegeben sein.

Nein. Die Urteilsfähigkeit ist unerlässliche Bedingung für eine Freitodbegleitung. Eine Freitodbegleitung bei Urteilsunfähigkeit ist strafrechtlich eine Tötung und in der Schweiz verboten. Die Patientenverfügung tritt nur bei Verlust der Urteilsfähigkeit sowie einer aussichtslosen Prognose in Kraft.

In der Patientenverfügung halten Sie fest, welche medizinische Behandlung und Pflege Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie selber nicht mehr urteilsfähig sind oder sich nicht mehr äussern können. Bei einer Demenzerkrankung kann dies z.B. sein: "Wenn ich (non-)verbal zum Ausdruck bringe, dass ich keine Nahrung und/oder Flüssigkeit zu mir nehmen will, so ist dies zu respektieren und jede Art von Ernährung und/oder Flüssigkeitszufuhr zu unterlassen. Gleichzeitig ist eine ausreichende Sedierung vorzunehmen.

Weitere häufige Fragen

Wann werden Sie EXIT-
Mitglied?

Eine im Frühstadium einer Demenz abgeschlossene EXIT-Patientenverfügung schützt Sie bis zum Lebensende.