Studie zeigt auf: Passendes Leben - passendes Sterben
Eine Studie, die vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert wurde, hat Entscheidungsprozesse rund um das Thema Lebensende und assistierter Suizid untersucht.
Welche Gründe führen dazu, dass Menschen am Lebensende einen assistierten Suizid wählen und wie frei sind sie in diesem Entschluss? Solchen Fragen ging die Studie «Wann genug ist, entscheide ich – Entscheidungsfindung und Entscheidungsfreiheit am Lebensende mit der Option Assistierter Suizid» von Dr. Eva Birkenstock von der Berner Fachhochschule auf den Grund. In vierzig narrativ geführten Interviews wurden Personen befragt, die den assistierten Suizid als Möglichkeit betrachten.
Notausgang bei Leiden
Die Interviewten gaben Auskunft über Erfahrungen mit Sterben und Tod in ihrem Umfeld und über die Schlüsse, die sie daraus für sich selber ziehen. Insbesondere stechen zwei Begründungen, die für ein selbstbestimmtes Lebensende sprechen, hervor. Einerseits sei der assistierte Suizid - für Menschen mit irreversiblem Willen zum Sterben - die bessere Wahl als ein einsamer, gewaltsamer Suizid. Andererseits gehe es bei dieser Option vor allem darum, einen Notausgang zu haben, falls das Leiden unerträglich werden sollte. Neben Schmerzen werden auch der Verlust des Selbstbewusstseins, der Selbstbestimmung und des Selbstseins als unerträgliches Leiden benannt.
Fast alle Studienteilnehmenden betonen, dass dies ihre persönlichen, nicht zu verallgemeinernden, Standpunkte seien.
Im Forschungsprojekt wird die Vermutung geäussert, dass u.a. eine auf Selbstbestimmung, Selbstverantwortung, Aktivität und Erfolg basierende Wertehaltung zur Ablehnung eines Leben führt, in dem Abhängigkeiten akzeptiert werden müssen. Eine Mehrheit der Teilnehmenden empfindet dieses Wertebewusstsein positiv als eigene, bejahende und gestaltende Haltung.
Spannung hinnehmen
Eine weitere Erkenntnis der Untersuchung: Anzeichen, die zu Zweifel an der moralischen Legitimität des Wunsches nach der Möglichkeit einer Freitodbegleitung führen könnten, seien nicht gefunden worden.
Aufgrund der Bandbreite der untersuchten Erfahrungen und Erwägungen kommt die Studie zum Schluss, dass eine pluralistische Gesellschaft Spannungen zwischen dem Entscheid für den assistierten Suizid auf der einen Seite und der Hinnahme des Schicksals auf der anderen Seite aushalten muss: "Weder machen es sich die einen zu leicht und versäumen eine wesentliche Auseinandersetzung mit ihrer Endlichkeit, noch verlieren die anderen ihre Würde. In der gesamten differenzierten Feinstruktur der Argumente zeigt sich, dass zu einem passenden Leben offensichtlich auch ein passendes Sterben gehört."