Menschen im Freien

Was ist eine Freitodbegleitung?

Wenn Menschen zu sehr leiden, ziehen sie manchmal das Sterben vor. EXIT unterstützt Mitglieder in ihrem Selbstbestimmungsrecht am Lebensende.

In der Schweiz ist Freitodhilfe legal, sofern sie nicht aus selbstsüchtigen Gründen erfolgt und gewisse weitere Bedingungen erfüllt.

Eine EXIT-Begleitperson führt dann die notwendigen Abklärungen durch und unterstützt, falls nötig, bei der Beschaffung des erforderlichen ärztlichen Rezepts für das Medikament Natrium-Pentobarbital (NaP).

Neben EXIT ist also stets eine ärztliche Fachperson (meistens die Hausärztin oder der Hausarzt des betroffenen Menschen) als zusätzlicher, wichtiger Faktor in den Abklärungsprozess involviert. 

Voraussetzungen für eine Begleitung

  • Urteilsfähigkeit
  • Handlungsfähigkeit
  • Sterbewunsch muss autonom, wohlerwogen und konstant sein

Mehr zu den Voraussetzungen

Anita Fetz, Alt-Ständerätin, über ihre EXIT-Mitgliedschaft.

Wie läuft eine Freitodbegleitung ab?

Der erste Schritt ist die Kontaktaufnahme mit der Geschäftsstelle von EXIT.

Im besten Fall und wann immer möglich nimmt  das betroffene Mitglied selbst telefonisch Kontakt auf mit EXIT und nicht die Angehörigen. 

Im Gespräch mit einem EXIT-Mitarbeiter erfährt das Mitglied, welche Dokumente es in einem ersten Schritt vom Hausarzt oder einem anderen behandelnden Arzt einzuholen hat.

Nach Eingang der Dokumente besucht eine Begleitperson das Mitglied und klärt im Gespräch die Situation. Diese Beratungsgespräche dienen auch dazu, Anliegen, Fragen und Ängste zu thematisieren – sowie abzuklären, welche Alternativen zum Freitod sich bieten. Es ist sehr erwünscht, dass Angehörige an diesen Gesprächen ebenfalls anwesend sind.

Sind alle Voraussetzungen für eine Freitodbegleitung erfüllt und äussert das Mitglied bekräftigend den Wunsch, alle Vorbereitungen einzuleiten, wird das Ausstellen des Rezeptes für das Sterbemittel veranlasst, sei es über den Hausarzt, behandelnden Arzt oder EXIT-Konsiliararzt.

Mehr zu den Begleitpersonen

EXIT ist keine Notfallorganisation

Bei Patientinnen und Patienten, die noch nicht Mitglied sind, können Abklärungen für eine mögliche Freitodbegleitung erst nach 90 Tagen Wartefrist beginnen. Der Grund sind die begrenzten Kapazitäten des Vereins.

Weitere Infos

Es muss Aufgabe des Staates sein, dafür zu sorgen, dass seine Bürgerinnen und Bürger in Würde sterben dürfen. Vergessen wir dabei nie: Niemand darf meinen, definieren zu können, was Würde am Ende des Lebens bedeutet – es sei denn, für sich selbst.

Simonetta Sommaruga, Bundesrätin

Ich war einer der ersten, die EXIT beitraten. EXIT ist in Diskussionen immer ein Thema und wird immer eines bleiben. Ich habe aber in den dreissig Jahren, in denen ich dabei bin, keinen Tag bereut. Ich habe ein Recht auf Leben, aber auch ein Recht zu sterben, wenn mein Leben für mich nicht mehr lebenswert ist.

Rolf Knie, Künstler

Ich möchte so alt werden, wie mein Kopf mitspielt. Ich will nicht als ‹Gemüse› enden. Darum bin ich Mitglied bei EXIT.

Claude Nobs †, Gründer Montreux-Jazz-Festival

EXIT hat gezeigt, dass Sterbebegleitung durch Laien korrekt und würdig durchgeführt werden kann. EXIT hat entscheidend dazu beigetragen, dass der regulatorische Eifer der Politik abgenommen hat, ins hochkomplexe Verhältnis eines mündigen Erwachsenen und seiner Sterbebegleitung hineinzureden.

Felix Gutzwiller, Alt-Ständerat und Medizinprofessor

Offenbar gehören wir noch immer nicht uns selber. Instanzen jeder Art mischen sich ein, Zuständigkeiten jeder Art spielen sich auf, es ist grotesk. Wir haben es geschafft, dass wir wählen dürfen, wer uns regiert, aber dass wir wählen dürfen, wie wir sterben wollen, haben wir nicht geschafft.

Martin Walser, Schriftsteller

Begleitung am festgelegten Termin

Nachdem das Rezept ausgestellt ist, kann das Mitglied in Absprache mit der Begleitperson den Sterbetag festlegen. Die Geschäftsstelle löst das Rezept auf den Namen des Mitglieds in der Apotheke ein (dafür benötigt EXIT eine vom Patienten unterzeichnete Vollmachtserklärung).

Am vom Mitglied festgelegten Termin und in dem von diesem definierten Rahmen, bestenfalls in Anwesenheit von Angehörigen oder Freunden, überbringt die Begleitperson das Medikament. Sie nimmt sich Zeit und schafft eine würdige Stimmung.

Bedingung für jede Freitodbegleitung ist, dass der betroffene Mensch den letzten Schritt - das Trinken des in Wasser aufgelösten Medikaments oder das Öffnen des Infusionshahns – selber vornimmt. Das EXIT-Mitglied kann den Vorgang bis hierhin jederzeit abbrechen.

Nach der Einnahme des Barbiturats kann sich das Mitglied von seinen Liebsten noch einmal verabschieden. An ihrer Seite, zumeist auf dem Bett liegend, verfällt es nach wenigen Minuten in einen Tiefschlaf und verlässt diese Welt ruhig und ohne Schmerzen. Der Tod tritt in der Regel kurze Zeit später durch eine Kombination von Atem- und Herzstillstand ein.

aufgetürmte Steine

Jeder Freitod ist ein "aussergewöhnlicher Todesfall"

Jeder Freitod, auch ein von EXIT begleiteter, gilt rechtlich als sogenannter «aussergewöhnlicher Todesfall». Deshalb muss nach Feststellung des Todes die Polizei benachrichtigt werden. Diese erscheint in der Regel in Begleitung eines Amtsarztes und evtl. eines Staatsanwalts zur behördlichen Untersuchung. Dabei wird geprüft, ob alles im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gelaufen ist.

Mehr zum Rechtlichen einer Freitodbgeleitung

Schicksal

Auf Wiedersehen

Eine gebildete 92-Jährige leidet an fortgeschrittener Osteoporose. Im vergangenen Jahr ist ihre Wirbelsäule nicht weniger als acht Mal gebrochen. Jetzt besteht ihr Dasein nur noch aus Schmerzen und Leiden. Vor zwei Wochen ist eine totale Inkontinenz dazugekommen. Sie gelangt an EXIT für den begleiteten Suizid, da sie unter Umständen noch lange so leiden müsste. Sie ist verwitwet, kinderlos und hat ausser einer 88-jährigen Freundin niemanden mehr. Diese und zwei Begleiter von EXIT stehen ihr am letzten Tag bei. Entschlossen trinkt sie das in Wasser aufgelöste Sterbemedikament. Ihre letzten Worte: «Ich sage euch Auf Wiedersehen, irgendwann, irgendwo».

Kritische Fragen zur Freitodbegleitung

Das Gegenteil ist der Fall: 1980 (vor der Gründung von EXIT) haben sich in der Schweiz jährlich 1600 Menschen das Leben genommen. Heute nach über 35 Jahren EXIT sind es noch 1100. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sicher ist: Die EXIT-Beratung, die persönlichen Gespräche, die Gewissheit, im Notfall einen Ausweg zu haben, wirken suizidpräventiv.

Nur wenige der Menschen, die sich ursprünglich bei EXIT für eine Begleitung melden, nehmen diese am Ende tatsächlich in Anspruch. EXIT nimmt die Sorgfaltspflichten sehr ernst, berät immer zu Alternativen zum Suizid und rät strikt von unbegleiteten Freitoden ab.

Selbstbestimmung als Aspekt der persönlichen Freiheit ist ein Grundrecht, durch Bundesverfassung und Europäische Menschenrechtskonvention garantiert und geschützt. Viele andere Organisationen bieten ebenfalls Patientenverfügungen an. Und die mitmenschliche Begleitung beim Freitod ist ein humanitärer Akt. Sie dient der Würde und der Sicherheit der Sterbewilligen und berücksichtigt auch die Angehörigen.

Bundesgericht und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte haben beide mehrfach das Recht bestätigt, selbst über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes entscheiden zu dürfen. Wer argumentiert, die Hilfe zum Suizid sei ethisch verwerflich, der muss sich die Frage stellen: Ist es denn ethisch vertretbar, jemanden am Leben zu erhalten, der nicht mehr leben will?

Das Gegenteil ist wahr. Jede Freitodbegleitung verursacht EXIT Kosten. Denn die Begleitung ist nach dreijähriger Mitgliedschaft kostenlos. Es ist nur der Jahresbeitrag von 45 Franken zu bezahlen. Die Begleitungen werden aus Spenden und durch die Solidarität der Mitglieder getragen.

Normalerweise liegen Wochen und Monate, manchmal Jahre, zwischen Gesuch und Freitod. Die Fälle mit sehr kurzen Fristen sind alle medizinisch indiziert (zum Beispiel drohender Erstickungstod).

Nein. EXIT begleitet Ausländer nur, wenn sie Wohnsitz in der Schweiz haben.

Der Anteil der Freitodbegleitungen am Gesamttotal der Todesfälle in der Schweiz ist seit Jahren konstant und beträgt etwa 1,5 Prozent. 2017 lag die Zahl der EXIT Freitodbegleitungen zum zweiten Mal in Folge unter jener von 2015.

Der Anstieg betagter Menschen in der Gesamtbevölkerung sowie die steigende Lebenserwartung und die Wahrscheinlichkeit für schwere Krankheiten führen jedoch zu mehr Zuwachs bei den EXIT Mitgliedern.

Zudem kommt nun eine Generation ins Alter, die ihr ganzes Leben lang selbstbestimmt gelebt hat. Ein Teil davon wird sich die Selbstbestimmung auch beim Sterben nicht nehmen lassen. Das sind laufende gesellschaftliche Veränderungen. Es ist Ausdruck einer freien aufgeklärten Gesellschaft.

Das Gegenteil ist der Fall. Normalerweise müssen die Sterbewilligen erst lange die Angehörigen überzeugen, damit diese sie sterben lassen. Zudem gehört es zur Abklärung, vor einer Freitodbegleitung festzustellen, dass ein Sterbewunsch ohne äusseren Druck durch einen freien Entscheid zustande gekommen ist.

Wäre es wirklich von Vorteil, wenn Angehörige und Freunde helfen müssten? Bei Erben zum Beispiel besteht das Risiko, sich wegen «Selbstsüchtigkeit» (eigennützige Motive) strafbar zu machen. Auch das Risiko des Misslingens oder eines unwürdigen Todes ist wegen mangelnder Fachkenntnis bei reinen Angehörigenbegleitungen gross. Von der emotionalen Belastung gar nicht zu reden.

Die EXIT-Begleitpersonen besuchen und begleiten Schwerleidende und ihre Familie oft über lange Zeit. Ihr Einfühlungsvermögen ist dadurch gross.

Das gilt für Affektsuizide, die aus einer Lebenskrise heraus entstehen, nicht jedoch für Bilanzsuizide (lange abgewägte Entscheidung aus schwerwiegenden Gründen). EXIT begleitet nur bei den wohl überlegten Bilanzfreitoden.

EXIT hat nie solche Werbung gemacht, sondern immer nur für Selbstbestimmungsrecht und Patientenverfügung. EXIT ist ein Selbsthilfeverein. Es gibt keine Kunden, sondern überzeugte Mitglieder. EXIT hat solche Werbung auch nicht nötig, Schwerleidende ersuchen von sich aus um Beratung.

EXIT gewährleistet, dass nur urteilsfähige Personen mit wohlerwogenem, konstantem und autonom entstandenen Sterbewunsch im Falle von zum Tod führender Erkrankung, subjektiv unerträglichen Beschwerden, unzumutbarer Behinderung oder bei Leiden in und am Alter eine Freitodbegleitung erhalten.

Die meisten Menschen, die sich an EXIT wenden, haben diesen Schritt wohldurchdacht und wollen ihr Lebensende selber bestimmen. Natürlich kann man Suizidwunsch aus wirtschaftlichem Druck nicht ausschliessen, sollte der freiwillige Abschied künftig immer normaler werden und sollten sich gewisse Grenzen verschieben.

Doch genau dafür hat EXIT ihre strengen Richtlinien und die gut ausgebildeten Begleitpersonen, die solche Fälle verhindern würden.

Weitere häufige Fragen

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Wenden Sie sich gern an unsere Beraterinnen und Berater und werden Sie EXIT-Mitglied.