Jahresbericht 2011

Präsidium

Als Schnittstelle zwischen den Ressorts und der Geschäftsstelle sind im Berichtsjahr wiederrum eine Vielzahl von Aufgaben zur Behandlung angestanden.

  • Nachdem der Bundesrat darauf verzichtet hat, strengere Vorschriften für Sterbehilfeorganisationen zu erlassen, gibt uns dies Gelegenheit zur dringend notwendigen Konsolidierung. Dabei geht es nicht darum, dass wir uns auf unseren Lorbeeren ausruhen; im Gegenteil. Es ist ebenso wichtig, vereinsinterne Belange konkreter aufzuarbeiten, die während den Jahren der politischen Querelen etwas liegengeblieben sind.
  • Im Sinne von strategischen Überlegungen beschäftigt sich der Vorstand mit kurz-, mittel- und langfristig umzusetzenden Zielsetzungen.
    a) Kurzfristig ist es uns wichtig, das Jubiläumsjahr zum 30-jährigen Bestehen unserer Organisation bestens vorzubereiten und abzuwickeln. Zeitintensiv und aufwendig gestaltete sich hierbei die Organisation des Weltkongresses, der in die Jubiläumsversammlung eingebettet ist. Neben dem Festakt anlässlich unserer Jubiläums-Generalversammlung erscheint eine Jubiläumsschrift, Drucksachen und überdies wurde auch ein Filmprojekt realisiert.
    Im Weiteren haben wir mit der Planung des Umbaus der Geschäftsstelle begonnen. Die Mitgliederzahlen steigen stetig und der Bedarf nach zeitgemässen Arbeitsplätzen, welche auch vertrauliche Gespräche ermöglichen, ist ausgewiesen. Alle anderen geprüften Alternativen, wie zum Beispiel das Mieten von weiteren Räumlichkeiten wäre schliesslich teurer als der nunmehr begonnene Umbau.
    b) Mittelfristig ist es dem Vorstand im Berichtsjahr ein Anliegen gewesen, die Patientenverfügung optimal an die neuen gesetzlichen Bestimmungen ab 2013 anzupassen.
    Die Informations-Anlässe in Basel, Bern und Zürich waren ein riesiger Erfolg. In Basel besuchten über 1000 Interessierte den Anlass. Auch in Bern und Zürich zeigte uns der grosse Publikumsaufmarsch mit aller Deutlichkeit, dass unsere Mitglieder in Bezug auf die Ausgestaltung ihrer Partientenverfügung einen grossen Informationsbedarf haben. Die vielen zufriedenen Reaktionen im Nachgang zu den jeweiligen Anlässen haben uns gefreut.
  • Auch innerbetrieblich bedarf es auf der Geschäftsstelle einiger Optimierungen auf allen Ebenen. Der Vorstand lässt sich im Rahmen dieses Optimierungsprozesses von einer externen Firma beraten und begleiten. 
    Ein wichtiges Anliegen ist dem Vorstand im Weiteren die Gewinnung von zusätzlichen Konsiliarärztinnen und Konsiliarärzten, insbesondere auch Psychiaterinnen und Psychiater.
    Auch wenn ein beachtlicher Anteil aller Rezeptausstellungen für das von EXIT verwendete Sterbemittel durch Hausärztinnen und Hausärzte erfolgt, und sich die Zahl der Konsiliarärztinnen und Konsiliarärzte im vergangenen Jahren stetig erhöht hat, ist es dennoch wünschenswert, wenn weitere Mitglieder der Ärzteschaft für die Anliegen unserer Organisation gewonnen werden können.
    Die Zusammenarbeit zwischen EXIT und den Behörden im Kanton Zürich ist nicht zu beanstanden. Wir wünschen uns auch mit den anderen Kantonen ein ähnlich gut funktionierendes Zusammenarbeitsmodell. Vertrauen lässt sich bekanntlich nicht per Brief verordnen; es braucht die persönlichen und regelmässigen Kontakte von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsleitung mit den jeweiligen Amtsstellen.
    Im Bereich der Palliativmedizin gilt es, die Synergien zwischen Stiftungsrat palliacura und Vorstand sinnvoll zu nutzen. Ab 2012 werden zwei Vorstandmitglieder zu den Sitzungen des Stiftungsrates palliacura eingeladen. Der Informationsaustausch kann so direkt stattfinden, genauso wie die Nachfolgeplanung im Stiftungsrat.
    c) Langfristig wollen wir unsere Beratungskompetenz für Demenz weiterentwickeln. Der EXIT-Tag vom 24. März 2012 ist diesem Thema gewidmet.
    Mit längerfristiger Perspektive ist auch die Lebenssituation von betagten Menschen anzugehen, die einen erleichterten Zugang zum Sterbemittel beanspruchen möchten. Sicher ist, dass von Seiten des Vorstandes die Konsiliarärztinnen und Konsiliarärzte bei den regelmässigen Gesprächen und Zusammentreffen für diese Thematik sensibilisiert werden.
    Im Weiteren wird die Möglichkeit geprüft, ob allenfalls in Basel eine weitere Geschäftsstelle eröffnet werden kann und soll. Fest steht bereits jetzt schon, dass wir an der Muba 2013 in Basel (diese findet vom 22.02. bis 3.03.2013 statt) vertreten sein werden.
  • Auch im Berichtsjahr fanden Podiumsdiskussionen und Streitgespräche im Vorfeld der Zürcher Abstimmungen statt, und es haben auch zahlreiche Interviewgespräche stattgefunden. Besonders bemerkenswert war die Interview-anfrage von 3 Frauen, welche zum Abschluss ihrer Ausbildung im Gesundheitswesen ihre Diplomarbeit rund ums Thema Selbstbestimmung im Leben und am Lebensende geschrieben haben. Es ist wichtig und erfreulich, dass sich gerade im Gesundheitswesen tätige Personen vermehrt mit diesem Thema auseinandersetzen.
  • Wiederum zahlreich waren auch in diesem Berichtsjahr die einzelnen Zusammenkünfte mit unseren verschiedenen Kommissionen und Gruppierungen. Zu erwähnen sind insbesondere die Geschäftsprüfungskommission, die Ethikkommission, das Patronatskomitee sowie das Zusammentreffen mit den Konsiliarärztinnen und Konsiliarärzten. Von besonderer Wichtigkeit ist auch die Begegnung mit den Mitgliedern des Freitodbegleitungsteams im Rahmen der jährlich stattfindenden Weiterbildung.
  • Schliesslich fanden im Berichtsjahr zahlreiche, vielfach auch schriftliche, Kontakte zwischen dem Präsidium und den einzelnen Mitgliedern statt. Die Anliegen unserer Mitglieder sind enorm vielfältig und manchmal auch erstaunlich: Eine sich für eine Mitgliedschaft interessierende Person bemängelte beispielsweise, dass wir neben den Mitgliederbeiträgen auch noch Spenden entgegennehmen. Diese Person befürchtete, es existiere bei EXIT eine "Zweiklassengesellschaft" nach dem Motto, wer mehr zahlt, bekommt auch mehr.
  • Die Zusammenarbeit innerhalb des Vorstandes sowie mit der Geschäftsleitung ist intensiv, konstruktiv und geprägt vom Willen aller, für die vielfältigen Aufgaben von EXIT ihr Bestes zu geben. Mein Dank gebührt allen, die sich im Berichtsjahr in irgendeiner Form für die Anliegen von EXIT eingesetzt haben.

Freitodbegleitung

Im vergangenen Jahr konnten wir das Team von Freitodbegleitungspersonen auf 26 Mitglieder ausweiten. Diese führen die Freitodbegleitungen in unterdessen bewährter Manier im Sinne der mit dem Standortkanton Zürich abgesprochenen Praxis in unserem gesamten Einsatzbereich sicher und kompetent durch.

Die Teammitglieder trafen sich regelmässig zum Erfahrungsaustausch (Fallbesprechungen) und zur Weiterbildung. Das bestehende Weiterbildungsangebot wurde erweitert um einen Lesezyklus, in dem der Umgang mit philosophischen und religiösen Fragestellungen im Zusammenhang mit Freitod anhand verschiedener Lesetexte unter der Leitung von Pfarrer Werner Kriesi diskutiert und hinterfragt wird. Das traditionelle Freitodbegleitungsseminar im Herbst fand diesmal in Baden statt und widmete sich dem Hauptthema "Alternativen zur Freitodbegleitung".

Das Treffen mit Konsiliarärztinnen und -ärzten diente vor allem dazu, die Frage zu erörtern, mit welcher Vorgehensstrategie es am besten gelingt, mehr Ärzte zu einer konsiliarärztlichen Tätigkeit für EXIT zu gewinnen. Bei diesem Treffen war auch das Team von Freitodbegleitern und -begleiterinnen anwesend und darum wurde der anschliessende gesellige Teil mit Apéro als geeignete Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch genutzt. Je grösser das Freitodbegleitungs-Team und die Anzahl der Konsiliarärzte werden, umso wichtiger sind Begegnungsmöglichkeiten, an denen diese sich gegenseitig persönlich kennenlernen können.

Im Berichtsjahr fanden insgesamt 305 Freitodbegleitungen statt (2010: 257, 2009: 217). Die Zunahme ist den stark steigenden Mitgliederzahlen von EXIT, dem grösseren Bekanntheitsgrad unserer Organisation sowie vor allem auch der demografischen Entwicklung einer immer älter werdenden Schweizer Wohnbevölkerung zuzuschreiben. Ebenfalls zunehmend ist die Anzahl der Anfragen von Menschen mit psychischen Störungen und/oder akuter Suizidalität (2011: 238 Personen, 2010: 119, 2009: 87, 2008: 64). In vielen Situationen geht es telefonisch oder in einem bis mehreren Gesprächen um eine Krisenintervention und um Suizidprävention. Bei einem Teil der Anfragenden werden die notwendigen, umfassenden Abklärungen für eine Freitodbegleitung gemacht und in sehr seltenen Fällen kommt es zu einer Freitodbegleitung eines Menschen mit der Diagnose einer psychischen Störung (Anzahl 2011:3, 2010: 7, 2009:2). Vor einer solchen Freitodbegleitung wird jeder Fall zusätzlich durch die Ethikkommission überprüft und beurteilt (Sitzungen Ethikkommission 2011: 5).

Der kontinuierliche Anstieg der Fallzahlen bringt grosse organisatorische Herausforderungen mit sich. Um das Ressort Freitodbegleitung rechtzeitig und effektiv an das Wachstum anzupassen und eine Überlastung zu vermeiden, prüft zur Zeit eine Arbeitsgruppe des Vorstands mit externer Unterstützung mögliche Organisationsentwicklungen.

Wiederum setzten sich Mitglieder des Freitodbegleitungsteams, der Geschäftsleitung sowie des Vorstands bei verschiedensten Anlässen für die Orientierung von Öffentlichkeit und Fachpublikum ein. Erfreulicherweise wird EXIT von immer breiteren Kreisen in Sachen Freitodbegleitung als kompetente Organisation wahrgenommen und dementsprechend werden unsere verschiedenen Exponenten eingeladen zu Podiumsgesprächen und Diskussionsrunden, aber ebenso zu Beiträgen in Zeitungen und zur Mitgestaltung von Informationseinheiten an Fachhochschulen und ärztlichen Weiterbildungen.

Kommunikation

Das EXIT-Aussenressort kann auf ein spannendes, vielfältig forderndes und erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken. Wichtigste zusätzliche Arbeitsfelder waren im ersten Halbjahr das politische Lobbying zugunsten des liberalen Status Quo der Freitodhilfe, im zweiten Halbjahr die Vorbereitung des Jubiläumsjahres 2012. Wichtigste normale Arbeitsfelder bildeten die Öffentlichkeitsarbeit und die Mitgliederkommunikation. Die Bilanz ist durchwegs positiv, und die grossen Anstrengungen des Vereins wurden belohnt mit politischem Erfolg und mit einem deutlichen Mitgliederzuwachs.

Im Berichtsjahr konnte das über drei Jahre währende Lobbying mit einer Schlussoffensive abgeschlossen werden. Bis in den Frühling sind nochmals alle relevanten Kreise über die Sachlage und die Standpunkte der Vereinigung EXIT mit ihren mehreren Zehntausend Mitgliedern informiert worden. Die fertig ausgearbeitete Strategie für eine Gesetzesberatung im Parlament, inklusive Lobbying in der Rechtskommission sowie Parlamentarieranlass zu Sessionsbeginn, musste dann aber nicht mehr umgesetzt werden, zeichnete sich doch bei den Sondierungen im EJPD unter der neuen Departementsvorsteherin rasch ein anderer, vernünftigerer Weg ab. Im Gespräch mit direkten Mitarbeitern der Justizministerin konnte das gegenseitige Vertrauen gefestigt werden. Am 29. Juni 2011 wurde das lange, arbeitsintensive und finanziell nicht unerhebliche Lobbying mit einem Erfolg auf der ganzen Linie gekrönt: Das EXIT-Lobbyingziel, die bisherige des Status quo wurde vom Bundesrat ohne Wenn und Aber beschlossen. Auch die Rechtskommission folgte diesem neuen Credo. Und in einem ersten Entscheid in der Wintersession zum Jahresende, als es um Standesintiativen zur Einschränkung der Freitodhilfe ging, zeigte sich, dass die Status-Quo-Argumente auch bei der Mehrheit der Parlamentarier verfangen hatten.

Zur Lobbyingschlussoffensive zählte zudem eine gross angelegte Kampagne im EXIT-Standortkanton Zürich. Sie richtete sich gegen zwei Verbotsinitiativen der religiösen Partei EDU (Eidgen. Demokratische Union) und war unterstützend angelegt zur Hauptkampagne, welche verdankenswerterweise ein breit abgestütztes Gegeninitiativkomitee durchführte, an dem die Stiftung palliacura massgeblich beteiligt war. Die Initiativen wurden schliesslich mit historisch hohen Nein-Anteilen von 80 Prozent abgelehnt.

Die drei Jahre EXIT-Lobbying, die unter dem Coaching der Agentur Furrer Hugi Partner bestritten wurden, verliefen in vielerlei Hinsicht exemplarisch und dienen heute als "Showcase" in Ausbildung und Lobbying-Fachtagungen.

Das Kommunikations-Ressort hat die Organisation des 30-Jahre-Jubiläums von EXIT in 2012 anvertraut erhalten. Integriert ist das Durchführen des Weltkongresses der Right-to-Die-Societies 2012 in Zusammenarbeit mit der eigens geschaffenen Stelle einer Projektleiterin. Des weiteren wurde die Planung von grossen Veranstaltungen zum neuen Erwachsenenschutzrecht und der neuen Patientenverfügung übernommen. Dies führte zu Zusatzarbeit, aber auch zu wichtigen neuen Kontakten für die Vereinigung EXIT in Fachwelt und Politik.

In den Haupttätigkeitsbereichen Öffentlichkeitsarbeit und Mitgliederkommunikation ist es aufgrund politischer Vorstösse in diversen Kantonen und auf Bundesebene, aufgrund der Patientenverfügungsveranstaltungen sowie wegen Rechtsfällen und der Rechtslage in Nachbarländern zu deutlicher Mehrbelastung gekommen. EXIT konnte diese erhöhte Aufmerksamkeit positiv nutzen. Nicht nur zur weiteren Imageverbesserung, sondern auch, um sich national und international für Selbstbestimmungsrecht und Sterbefreiheit einzusetzen. EXIT hat bei Sterbehilfethemen heute eine führende Position inne.

Für das Ressort bleiben aber die Mitglieder die wichtigste Ansprechgruppe: Direktkontakte per E-Mail, Telefon und Brief, Produktion von Mitgliederorgan, Informationsmaterial, News auf der Website, Polit- und Medienmonitoring. Das Mitgliedermagazin hat sich gut entwickelt und ist heute ein auch für die Werbung attraktives Medium. Hingegen ist die Website www.exit.ch noch etwas Stiefkind. Dies, weil ein Verein mit beschränkten personellen Ressourcen die Prioritäten gemäss Mitgliederprofil setzen muss.

Die Werbemassnahmen im Berichtsjahr waren Erfolg, was sich gerade auch bei den Veranstaltungen zeigte, die sämtliche mehr als gut besucht waren. Ein Teil davon, wie auch ein Teil der Broschüren und der ganze Imagefilm, waren gönnerfinanziert. Der Kurzfilm, den EXIT fürs Internet und auf DVD vorstellt, wird am Weltkongress im Juni 2012 Premiere feiern.

Das Kommunikations-Ressort hat im abgelaufenen Geschäftsjahr eine Praktikantenstelle eingeführt. Der Absolvent eines Organisations-Kommunikationsstudiums an der Fachhochschule Winterthur hat in sämtlichen Kommunikationsbereichen mitgearbeitet. Auch zu anderen Hochschulen und Wissenschaftsinstitutionen wurden Kontakte gepflegt.

Beim Austausch mit Schwesterorganisationen sind besonders EXIT (Suisse Romande), Association pour le Droit de Mouririr dans la Dignité France, Farewell Foundation Canada, Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben und NVVE Niederlande zu erwähnen. Das Aussenressort durfte unseren Verein in Luxemburg, Utrecht und Berlin vertreten.

EXIT-intern hat das Kommunikationsressort diverse Argumentarien, politische Einschätzungen, Studien und Arbeiten geplant, begleitet, ausgeführt sowie im Kommunikationskonzept vorgesehene Massnahmen umgesetzt. In verwandten Bereichen (etwa palliacura oder altersfreitod.ch) hat das Ressort unterstützend gewirkt.

Recht

Zu Beginn des Berichtsjahrs war noch davon auszugehen, dass der Bundesrat auf einer Neuregelung der organisierten Suizidhilfe beharren würde. Der Vorstand rüstete sich daher mit der komprimierten juristischen Haltung von EXIT, gesamthaft und einzeln in den gegebenenfalls zu regelnden Bereichen. Die erfreuliche Neuigkeit aus dem EJPD vom 29. Juni 2011 belohnte diesen Aufwand: Die neue Departements-Vorsteherin, Bundesrätin Sommaruga, teilte mit, dass der Bundesrat zum ähnlichen Schluss wie im Jahr 2006 gekommen sei, das geltende Recht sei ausreichend, der Fokus müsse vielmehr auf den Ausbau von Betreuungsangeboten sowie auf Palliativmedizin und Suizidprävention gerichtet werden.

Die bereits im Vorjahr begonnenen Arbeiten zur Anpassung der EXIT-Patientenverfügung (PV) an das per 1.1.2013 in Kraft tretende neue Erwachsenenschutzrecht wurden im Berichtsjahr 2011 abgeschlossen. In Ablösung des bisherigen Vormundschaftsrechts bezweckt das neue Gesetz eine allgemeine Stärkung der Selbstbestimmung; EXIT nutzt dies für eine aktivere Eigenverantwortung seitens der Patienten und für die verbesserte Akzeptanz seitens der PV-Anwender (Gesundheitsberufe und Angehörige). Leider zeigt sich bereits heute, dass das neue Gesetz die PV für psychiatrische Behandlungen gegenüber somatischen Behandlungen bedeutend schlechter stellt; dementsprechend wird die Psychiatrie weiterhin versuchen, den Willen der Behandelnden höher als denjenigen der Behandelten zu gewichten. Eine spezielle Herausforderung wird daher weiterhin die Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts auch für Patienten mit psychischen Krankheiten sein.

Das Thema Altersfreitod beschäftigte uns auch im Berichtsjahr wieder. Eine engagierte Gruppierung von EXIT-Mitgliedern erwirkte die Ergänzung von Artikel 2 unserer Statuten; diese ist in der Sache zwar noch nicht restlos befriedigend, als Absichtserklärung unseres Vereins aber ein Schritt.

Das Thema Altersfreitod beschäftigte uns auch im Berichtsjahr. In der Folge wurde Artikel 2 der Statuten wie folgt ergänzt: "EXIT setzt sich dafür ein, dass betagte Menschen einen erleichterten Zugang zum Sterbemittel haben sollen."

Die Vereinbarung zwischen EXIT und der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, welche die wichtigsten Sorgfaltspflichten beider Vertragspartner bei organisierter Suizidhilfe festhielt, vom Bundesgericht im Jahr 2010 aber formell nichtig erklärt wurde, wird von den Parteien weiterhin freiwillig angewandt - EXIT richtet sich gar in der ganzen Schweiz nach diesen Qualitätsstandards. In den meisten Kantonen darf denn auch mit rücksichtsvollem Verhalten der Behörden gegenüber den Hinterbliebenen gerechnet werden. Bis heute gibt es aber unangebrachte Aspekte der Untersuchung dieser "aussergewöhnlichen Todesfälle" und leider auch skandalöse Einzelfälle. Für einen respektvollen behördlichen Umgang mit Freitodbegleitungen sollten daher auch in anderen Kantonen formlose Absprachen erzielt werden.

Trotz breiter Akzeptanz von Freitodbegleitungen in der Schweizer Bevölkerung wird manchmal - zum Teil auf Um- und Irrwegen - versucht, dieses Engagement unseres Vereins zu stören; exemplarisch aus dem Berichtsjahr zu erwähnen ist ein Strafbefehl wegen angeblicher Verletzung des Heilmittelgesetzes. Dies mit der ausschliesslichen Begründung, dass die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) nicht eingehalten worden seien, wonach das physische Lebensende der sterbewilligen Person nahe zu sein hätte. Selbstverständlich wurde gegen diesen Strafbefehl Einsprache erhoben; die nächstinstanzliche Beurteilung steht noch aus.

In aller Regel können derartige behördliche Angriffe auf das Selbstbestimmungsrecht gut abgewehrt werden, was uns letztlich beweist, dass unser Freitodbegleitungs-Team sorgfältig und gewissenhaft arbeitet.

Auch gibt es leider immer noch Seelsorger, Ärzte, Behördenmitglieder und andere "Missionare", welche versuchen, sterbewillige Personen durch Gesetzes-ausdehnungen oder gar Gesetzesverletzungen am geplanten Freitod zu hindern. Nach Möglichkeit unterstützt EXIT die Betroffenen, sich dagegen zu wehren: beispielsweise gegen die Verletzung von beruflichen Schweigepflichten, von Patientenrechten und Datenschutzbestimmungen oder auch gegen den ungerechtfertigten "fürsorgerischen Freiheitsentzug" und die fragwürdige Verbeiständung. Oft fehlt es hier aber den Betroffenen an der nötigen Kraft, sich noch zu wehren.

Immer wieder darf EXIT letztwillige Zuwendungen von überzeugten Mitgliedern empfangen; in aller Regel stammen diese Vermächtnisse und Erbschaften von langjährigen Mitgliedern. Solche Unterstützungsbeträge bestätigen uns immer wieder, im Sinne unserer Mitglieder auf dem richtigen Weg zu sein.

Finanzen

Mit einem positiven Jahresergebnis von 36 046 Franken kann unser Verein auf ein erfreuliches Geschäftsjahr 2011 zurückblicken.

Das Berichtsjahr verlief finanziell in verschiedenster Hinsicht äusserst turbulent. Lange in der Erinnerung bleiben werden sicher die politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen in Nordafrika und im Nahen Osten sowie Anfang März das verheerende Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami und atomarer Katastrophe in Japan. Beherrschendes Thema an den Finanzmärkten war die schon im Vorjahr bestandene Staatsschuldenkrise in der Eurozone, die sich im Berichtsjahr weiter verschärfte und mit Italien sogar ein Gründungsmitglied der Währungsunion erfasste. Ebenfalls Anlass zu grosser Besorgnis gaben die stark ansteigenden Staatsausgaben der USA.

In diesem unsicheren Umfeld gewann der Schweizer Franken massiv an Stärke und erreichte vorübergehend fast die Parität zum Euro. Zum Schutz der einheimischen Wirtschaft setzte deshalb die Schweizerische Nationalbank anfangs September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 Franken für einen Euro fest. Diese Untergrenze konnte bisher mit Erfolg verteidigt werden. Weltweit schwächte sich in der Folge die Konjunktur ab, und es kamen vereinzelt sogar Rezessionsängste auf. Unter diesen negativen Entwicklungen litten insbesondere die europäischen Aktienmärkte, wo die führenden Konzerne indexmässig 17,3 Prozent an Wert verloren. Etwas besser erging es den Schweizer Standardwerten mit Einbussen von 7,8 Prozent. Das vorwiegend aus Wertpapieren von soliden Unternehmungen bestehende Portefeuille unseres Vereins hat sich mit einer negativen Performance von etwas über drei Prozent recht gut gehalten, wobei es sich bei diesem Rückgang nicht um realisierte, sondern um buchmässige Verluste handelt. Insgesamt schliesst das Finanzergebnis per 31.12.2011 mit einem negativen Resultat von 229 602 Franken ab. Die Reserve für Wertschwankungen beträgt unverändert 1,1 Millionen oder 15 Prozent der Finanzanlagen.

Die in den Passiven der Bilanz aufgeführte Rückstellung für die von den Mitgliedern bezahlten Beiträge auf Lebenszeit stieg per 31.12.2011 auf insgesamt 5 729 305 Franken an. Bei einem Bestand von 13 302 Lebenszeit-Mitgliedern (Vorjahr: 12 535) ergibt dies im Durchschnitt eine Rückstellung von 431 Franken (Vorjahr: 411 Franken) pro Mitglied.

Mit dem im Fonds "Wahrung Selbstbestimmungsrecht" enthaltenen Kapital hat unser Verein im vergangenen Jahr dem Zweck entsprechend verschiedene Projekte finanziert. Insbesondere wurden ansehnliche Beträge für die erfolgreiche Bekämpfung der Volksabstimmung über die beiden Sterbehilfeverbotsinitiativen vom 15. Mai 2011 eingesetzt. Dieser Fonds verfügt deshalb per Ende 2011 über keine Mittel mehr und wird ersatzlos aufgehoben. Es bestehen jedoch in den Passiven unserer Bilanz weiterhin fünf für unterschiedliche Verwendungszwecke eingerichtete Fonds mit einem Kapital von total etwas über 3,3 Millionen.

Aufgrund der für verschiedene Tätigkeitsbereiche bestehenden hohen Rückstellungen und Reserven darf die finanzielle Situation unseres Vereins als gut bezeichnet werden.

Geschäftsstelle

Die neue EXIT-Patientenverfügung wurde grundlegend überarbeitet und berücksichtigt das 2013 in Kraft tretende Erwachsenenschutzrecht. Erstmals wird in diesem Gesetz die Patientenverfügung auf eidgenössischer Ebene einheitlich geregelt. Umfangreiche Abklärungen aus medizinischer und juristischer Sicht sowie aus den praktischen Erfahrungen unserer Fachkräfte führten zum neuen Dokument, das jetzt in einem umfangreicheren Format erscheint. Ein inzwischen etablierter Bestandteil der Patientenverfügung ist die Werteerklärung. In dieser Unterlage werden persönliche Einstellungen zum Leben und zum Sterben festgehalten. Diese Angaben ermöglichen es dem behandelnden medizinischen Personal, sich ein umfassenderes Bild über die nicht ansprechbaren Patienten zu machen und begrenzen den Interpretationsspielraum der Patientenverfügung.

Neu sind alle EXIT-Patientenverfügungen online verfügbar. Mittels Benutzername und Passwort auf dem Mitgliederausweis gelangen das behandelnde medizinische Personal und Vertrauenspersonen rasch und direkt zum Dokument. Damit entfallen die Kleinkopien der Patientenverfügung, die bisher zwecks Verteilung an Angehörige und Ärzte an die Mitglieder verschickt wurden. Wir empfehlen unseren Mitgliedern, den Mitgliederausweis mit den Zugangsdaten anstelle der Kleinkopie mit sich zu führen. Bei Verlust können die Zugangsdaten sofort gelöscht und neu generiert werden. Damit ist die Datensicherheit zusätzlich erhöht.

Die Arbeit der Geschäftsstelle wurde durch die Inserate mit prominenten EXIT-Mitgliedern wesentlich geprägt. Der Erfolg dieser Werbung bewirkte eine Flut von Anmeldungen und Anfragen. Die Mitgliederadministration war über Monate trotz der Anstellung von Aushilfskräften massiv überlastet. Dies führte leider zu unangenehmen Wartezeiten für neu angemeldete Mitglieder. Wir registrierten im Jahr 2011 über 6'400 neue Mitglieder.

Bei den Freitodbegleitungen ist ebenfalls eine Erhöhung zu verzeichnen. Im Fachbereich Administration Freitodbegleitung wurde die personelle Kapazität um 40 Prozent erhöht. Damit ist sichergestellt, dass Mitglieder, die um eine Freitodbegleitung ersuchen, rasch und kompetent beraten und betreut werden.

Der Vorstand hat beschlossen, die Wohnung im Dachgeschoss unserer Liegenschaft umzubauen. Es werden sieben zusätzliche und dringend benötigte Arbeitsplätze geschaffen, die ab Herbst 2012 zur Verfügung stehen sollten.

Verdankung

Der Vorstand dankt dem Freitodbegleitungsteam, den Konsiliarärzten, den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle, der Ethik- und der Geschäftsprüfungskommission sowie dem Patronatskomitee für ihre sorgfältige und einfühlsame Arbeit und ihr Mitdenken. Ein herzlicher Dank gebührt auch all den vielen Mitgliedern, die mit ihren Spenden und grosszügigen Vergabungen die Finanzierung unserer wichtigen Aufgabe überhaupt erst ermöglichen.