Altersfreitod: Weitere Massnahmen abklären
Der grösste Selbstbestimmungsverein der Schweiz hat an seiner Generalversammlung (GV) einen Mitglieder-Antrag angenommen, der bezüglich Altersfreitod die Bildung einer Arbeitskommission anregt. Diese soll Experten mit der Abklärung beauftragen, ob und wie weitere Liberalisierungsbemühungen punkto erleichterter Zugang zum Sterbemittel für betagte Menschen möglich sind.
Die GV von EXIT Deutsche Schweiz war am Samstag im Zürcher Volkshaus mit Hunderten von Mitgliedern gut besucht. Nach angeregter Diskussion unter den Anwesenden und nachdem der Vorstand Zustimmung zum Antrag von 13 Mitgliedern signalisiert hat, wird nun die Bildung einer Arbeitskommission an die Hand genommen. Diese hat den Auftrag, Meinungen von Experten wie Juristen und Ethikern einzuholen. Auch soll die Kommission bis zur nächsten GV 2018 darüber berichten, wie und in welcher Weise weitergehende Massnahmen für einen erleichterten Zugang zum Sterbemittel Natrium-Pentobarbital (NaP) für betagte Menschen möglich wären.
Gemäss Antrag werden nun der Vorstand und das 13-köpfige Komitee je für sich die Mitglieder der Arbeitskommission ungefähr paritätisch bestimmen. Ein Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK) wird den neutralen Vorsitz übernehmen. Die Kommission soll ehrenamtlich tätig sein und ein Kostendach von CHF 50’000 für den Beizug von Gutachtern und Experten erhalten.
Der Vorstand informierte an der GV weiter darüber, dass Ärztinnen und Ärzte bei der Enttabuisierung und Liberalisierung des Altersfreitods eine wesentliche Rolle spielen. EXIT startet daher diesen Sommer das Projekt «Information Ärzteschaft». Dessen Ziel ist es, grundlegendes Wissen zur organisierten Suizidhilfe zu vermitteln. Bei diesem Thema verwies der Vorstand auf die repräsentative Umfrage «Was erwartet die Bevölkerung vom Arzt am Lebensende?», die der Selbstbestimmungsverein im letzten Jahr in Auftrag gegeben hatte. Sie hat unter anderem ergeben, dass der Arzt gerade am Lebensende eine der wichtigsten Vertrauenspersonen ist.
Daneben plant EXIT, eine Bedarfsanalyse durchzuführen. Ziel ist, zu erfahren, ob die bisher aufgegleisten Massnahmen hinsichtlich Altersfreitod genügen. Für die retrospektive Auswertung, die als Vorbereitung einer künftigen Sonderbehandlung von Anfragen von betagten Menschen mit Sterbewunsch und ohne tödliche medizinische Diagnose dient, wird ein Wissenschafter beigezogen.
In der folgenden kontroversen Diskussion machte der Vorstand klar, dass er sehr zurückhaltend ist beim Wunsch der Antragsteller, das NaP auch ohne ärztliche Diagnose oder gar ohne ärztliches Rezept abzugeben. Zum einen bezweifelt er, dass ein gesunder, fitter Mensch überhaupt sterben möchte. Zum andern warnt er vor verfrühten Forderungen, die, wenn überhaupt, nur für eine absolute Minderheit in Frage kommen – und im Gegenzug die bisherige liberale Haltung der Schweiz hinsichtlich Selbstbestimmung gefährden. Alle gewünschten Veränderungen brauchen neue Gesetze oder Verordnungen, für die derzeit weder die Politik noch die Bevölkerung bereit sind. Hauptanliegen von EXIT muss es bleiben können, leidenden Menschen zur Seite zu stehen. Diese Möglichkeit darf nicht unnötig gefährdet werden. (JW)