Freispruch für Ludwig A. Minelli ist definitiv
Vor zwei Jahren sprach das Ustermer Bezirksgericht den Dignitas-Gründer vom Vorwurf frei, Freitodbegleitungen aus selbstsüchtigen Motiven durchgeführt zu haben. Die Staatsanwaltschaft zog das Urteil weiter, verpasste jedoch eine Frist. Damit ist der Freispruch rechtskräftig.
Mitte 2018 ging es vor dem Ustermer Bezirksgericht um Grundsätzliches: Ist das Modell der Sterbehilfeorganisation Dignitas mit dem Strafgesetz vereinbar und gelten die den sterbewilligen Menschen verrechneten Kosten ab einer gewissen Höhe als selbstsüchtig?
Der Staatsanwalt hatte bereits im Vorfeld der Verhandlung von einem «Musterprozess» gesprochen und dem mittlerweile 87-jährigen Juristen und Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli ein «Gewinnstreben im Geschäft mit dem Tod» vorgeworfen. Das Bezirksgericht kam jedoch zu einem anderen Schluss: Dem Sterbehelfer könne keine selbstsüchtigen Motive oder «Geldgier» nachgewiesen werden. Das Gericht sprach daher Minelli vollumfänglich frei.
Damit war die Staatsanwaltschaft nicht einverstanden. Sie zog das Urteil an die nächste Instanz, das Zürcher Obergericht weiter. 2020 sollte die Berufungsverhandlung stattfinden. Wegen der Coronakrise wurde das Verfahren schriftlich durchgeführt.
Die Staatsanwaltschaft wurde darauf aufgefordert, ihren Weiterzug des Urteils ans Obergericht schriftlich zu begründen, dies innert einer Frist von 20 Tagen. Sollte bis dann keine schriftliche Eingabe erfolgen, werde die Berufung als zurückgezogen angesehen, so das Obergericht.
Die Staatsanwaltschaft beantragte darauf zwei Fristerstreckungsgesuche. Das erste wurde bewilligt. Das zweite hätte am 15. Juni beim Gericht eingehen sollen. Es traf aber erst zwei Tage später, also am 17. Juni, per internem Kurierdienst ein. Die Staatsanwaltschaft begründete die verspätete Abgabe damit, dass das Sekretariat das Fristerstreckungsgesuch dem internen Kurierdienst übergeben habe statt der Post.
Da die Staatsanwaltschaft die Frist versäumt hat, wird das Verfahren nun eingestellt. Das Urteil des Bezirksgerichts Uster ist somit rechtskräftig. Zudem wird Minelli eine Prozessentschädigung von rund 2600 Franken zugesprochen. Laut Medienberichten verzichtet die Staatsanwaltschaft auf einen Weiterzug ans Bundesgericht.